WACKEN OPEN AIR 2022 – Endlich wieder Leben auf dem Holy Ground !!!

Vieler Worte bedarf das WACKEN OPEN AIR nicht. Einmal Wacken, immer Wacken – es entsteht ein Suchtgefühl. Hat man sich auch nur ein einziges Mal im Modder oder Staub des Metal-Ackers gesuhlt und die Wacken-Atmosphäre inhaliert, braucht man es immer wieder. So ist es auch bei mir, der seit 2006 nur ein einziges Mal aufgrund eines unaufschiebbaren Klinikaufenthalts, jedes mal den Holy Ground bevölkert hat.

Rund 85.000 Besucher (und hier sprechen wir ja nur von der offiziellen Besucherzahl) pilgern Jahr für Jahr aus aller Herren Länder in das kleine Dorf in Schleswig-Holstein und verwandeln einen Großteil des Ortes sechs Tage lang in eine schwarz-bunte Metal-Area. Man wird für eine Zeit lang aus dem Alltag herauskatapultiert und muss, wenn man dann später nach dem Festival wieder zu Hause ist, erst einmal „erden“ und „runterkommen“. Aber genau das ist die Magie des WACKEN OPEN AIRs – und das bei jedem Wetter – „See you in WACKEN – Rain or shine“.

Mehr als 200 Bands standen im Line-Up für 2022. Headliner sind zum einen die Urväter des Heavy Metals, nämlich keine Geringeren als JUDAS PRIEST. Weitere Headliner sind die Nu-Metal Legenden SLIPKNOT. War für den extra zu bezahlenden „Wacken Wednesday“ als dritter Headliner LINDEMANNvorgesehen, musste dieser aufgrund der Rammstein-Tour absagen. Die Verschiebungen über die Jahre machten dies notwendig. Etwas geringer war in diesem Jahr die Anzahl der Bühnen. Acht Bühnen unterschiedlicher Größe auf dem Veranstaltungsgelände sowie der Festsaal des Landgasthofes im Dorf waren zur Beschallung der über 84.000 Gäste aufgebaut.

Neben dem Musikprogramm gab es wieder ein breit gefächertes Rahmenprogramm. Unter anderem fand natürlich „Maschine´s Late Night Show“ statt. Aber auch Metalpoeten, Saskia Thodes Metal-Joga, Kochkurse mit prominenten Bands, Devilsfire Feuershow, Schwertkämpfe, Wasteland Warriors, Brutus-Fahrzeugvorführung des Technikmuseums Sinsheim sowie Poetry-Slammer buhlten um die Gunst der Gäste. Wem das noch immer nicht langt, der shuttled sich in das für W:O:A-Gäste kostenlose Freibad im Dorf.

Einen Supermarkt wie 2019 direkt auf dem Festivalgelände gab es diesmal nicht. Der installierte Market Place füllte das Angebot nur hinlänglich. Zwar waren die Preise in Ordnung, gegen die im Kaufland natürlich nicht vergleichbar. Viele Produkte wurden zumindest in der Auswahl vermisst.

Neben dem Market Place gab es natürlich eine Vielzahl an Ständen, bei dem man Getränke, Food, Merch und sonstiges Gedöns zu kaufen bekommen konnte. Aber auch gemeinnützige Organisationen, wie die Wacken Foundation, die in ihrem Camp weiteren Unterstützern wie der DKMS eine Heimat gab, konnten aufgesucht werden. „Wacken-Opa-Günni“ drehte seine Runden durch das Dorf, um für seinen Verein „Lautstark gegen Krebs e.V.“ Spenden zu sammeln. Seine Unterstützerbändchen fanden soviel Anklang, dass er eine absolute Rekordsumme auf der Bank einzahlen konnte. Die Schlange um ihn war stets überwältigend. Teilweise warteten die Fans 30 Minuten, um ihm die Hand zu schütteln und ein Bändchen zu erwerben. Als größte kommerzielle Sponsoren des Festivals waren in diesem Jahr Bembel-With-Care mit ihrem Apfelwein sowie Haribo mit einer speziellen Wacken-Bären-Edition zu nennen. Einen Besuch wert, wie immer, natürlich der Mittelaltermarkt mit den Met-Ständen, traditionellen Handwerkern und Schauplätzen. Dass die Bundeswehr mit einem Infostand vertreten war, dürfte jeder in den Medien gelesen haben. Leider hat ein Besucher die Sprinkleranlage in einem Panzerwagen ausgelöst und diesen somit schwer beschädigt.

Magenta TV der Telekom streamte wieder kostenfrei ausgewählte Konzerte der Hauptbühnen in die Wohnzimmer der Daheimgebliebenen. Eine tolle Sache, da die Gigs auch noch weiterhin abrufbar bleiben. Als Co-Moderatorin machte Jennifer Haben von Beyond The Black eine gute Figur. Ich hätte sie allerdings lieber mit Band auf einer der Bühnen gesehen.

Alles weitere berichte ich im Tages-Check. Ach ja, Musik gab es auch…

Montag, 01.08.2022

Ich reise am Montagmorgen an. 09:15 Uhr am Check-In. Niemand vor mir, ich komme direkt dran. Das diesjährige Bändchen beinhaltet eine Platte mit einem Chip zum Cashless Payment. Aber auch für Staff, Presse, Artist, Friends of Wacken, AAA und sonstige Bandinhaber gibt es diesen Chip. Hier sind alle Berechtigungen gespeichert und werden bei Benutzung registriert. Das Aufladen mit einem Guthaben geht mit dem erhaltenen Zettel reibungslos. Allerdings war ich durch die Info-Arbeit im Vorwege auch hinreichend aufgeklärt und hatte mein Handy mit E-Mail, Paypal und der Wacken-App aufgerüstet. Ein freies Plätzchen zwischen den vorab abgesperrten Plätzen auf dem mir zugewiesenen Campground ist schnell gefunden und mein bescheidenes Heim für die nächsten sechs Tage ist schnell aufgebaut.

Meine Kamera ist aufgeladen und ich streife über all die Plätze, auf denen später die Luzie abgeht. Viel Metall wird verbaut, um später das, sorry, DAS Metal-Festival zu feiern. Ich bin zum ersten Male bereits am Montag auf dem Gelände und bin begeistert, wie viele Campgrounds bereits belegt sind. An der Bandausgabe herrscht mäßiger Betrieb und ich freue mich auf den ersten Akt des Tages. Bitte? Wir haben Montag. Jo, richtig. Zum ersten Mal taucht in dem offiziellen Line-Up schon eine Bühne zwischen dem Gelände und den Zeltplätzen an einem Montag auf. Ein alter Bekannter auf den Bühnen Deutschlands beglückt die Frühanreisenden mit seinem Liedgut. MUTZ, ohne seine Band The Blackeyed Banditz unterwegs, spielt ein Akustik-Set auf der „Welcome To The Jungle“ Stage für alle. Waren anfangs nur wenige interessiert, sprach sich das Geschehen blitzschnell herum und der Platz vor der Bühne füllte sich. Ich streife noch etwas herum und komme erst viel später zu Alien Rockin Explosion und Maschine’s Late Night Show zurück. Da herrscht vor der Bühne schon eine richtig fette Partystimmung und ich darf viele bekannte Gesichter begrüßen.

Dienstag, 02.08.2022
 
Mein persönlicher „Besuche-Freunde-Tag“. Ich habe keine Verpflichtungen und streife über die schon zum Teil voll belegten Campgrounds. Ich treffe viele Freunde aus dem ganzen Bundesgebiet. Ich bin dabei, wenn Wacken-Opa Günnie durch das (noch geschlossene) Dorf streift und überwältigt von seinem Bekanntheitsgrad ist. Überall schlagen ihm und dem Verein „Lautstark gegen Krebs e.V.“ Sympathien entgegen, jeder möchte ein Bändchen kaufen, einen kurzen Plausch abhalten oder ein Bild mit ihm machen. Am Busbahnhof erlebe ich die Ankunft von ausländischen Gästen. Schweden, Dänen und nicht zuletzt Mexikaner, die von Veranstalter Thomas Jensen persönlich begrüßt werden. Christof Leim gibt auf der „Welcome To The Jungle“ Stage ein paar Anekdoten aus der Vergangenheit mit Lemmy, Lars Ulrich und weiteren Größen der Metalszene zum Besten. Während die einen schon mit einem wissenden Grinsen lauschen, lernen die anderen immer wieder Neues aus der Geschichte. Aber am Ende verdrücken alle das eine oder andere Tränchen vor Lachen. Ein Ausflug zu den Wasteland-Warriors lohnt sich wie immer. Bewundernswert, was die auf die Beine stellen. Später übernimmt dann Mambo Kurt die „Welcome To The Jungle“ Bühne mit seiner Orgel. Was für ein Event, als er uns zwei „schüchterne“ Fotografen durch die gröhlende Menge auf die Bühne rufen lässt. 10.000 Menschen vor der Bühne und wir machen den Gaudi mit. Die Bilder des Festivals entstehen und gehen nicht mehr aus dem Kopf. Wie sieht es dann erst auf den großen Bühnen aus?
 
Mittwoch, 03.08.2022
 
Offizieller erster Festivaltag. Hauptanreisetag. Während die „Frühangereisten“ den Morgen im Camp begießen, unter den nunmehr kostenlosen Duschen Tanzpartys veranstalten oder einfach die Händlermeile erkunden, bilden sich immer länger werdende Schlangen an der Bändchenausgabe. Nahezu 30 Grad lassen die Fans „grantig“ werden. Der Grund ist nicht die Wartezeit, denn hier werden neue Kontakte geknüpft und Späße gemacht. Ohne Band gibt es nichts zu kaufen. Ohne Cashless Payment ist hier schon nichts zu trinken zu bekommen. Später, viel später, verteilten Mitarbeiter vom Sponsoring-Partner Gerolsteiner Wasser an die Wartenden. Aber auch das war nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der offizielle Zusatztag, genannt „Wacken Wednesday“ beginnt bereits am frühen Nachmittag auf der Louder Stage, die jetzt an die Stelle der alten Beergarden Stage gerückt ist. Den Anfang machen Varang Nord, bevor Szenegrößen wie Brothers Of Metal, Gloryhammer, Epica sowie der Headliner des Tages, Avantasia die Bühne rocken. Unmut bei naiv Angereisten. Durch Staus und die lange Wartezeit an der Bändchenausgabe kamen sie erst zum Headliner ins Infield. Sorry Leute, vor Kritik bitte erst das Gehirn einschalten und früher anreisen. Bei 45.000 Leuten ist damit zu rechnen, dass man nicht allein auf weiter Flur ist. Die, die es „geschafft“ haben, hatten eine tolle Zeit vor der Louder Stage. Sie kamen durch ein zusätzliches Bändchen jederzeit rauf und runter vom Infield. Für „Nicht-Inhaber“ des Mittwochstickets war die Lage anfangs noch undurchsichtig. Viele ratlose Gesichter fragten sich reihum, ob man nun schon zu den Bühnen könne und wenn ja, zu welchen. Nach einigem Rätseln probierte man daher einfach mal sein Glück und konnte so etwa Mr. Irish Bastard oder Knasterbart auf der Wackinger-Stage lauschen. Letztere befinden sich gerade auf ihrer Abschiedstour, wollten es sich aber nicht nehmen lassen den Holy Ground noch einmal zum Schunkeln zu bringen. Und allerspätestens bei ihrem Cover des Rednex-Klassikers „Cotton Eye Joe“ konnte kein Fuß im Publikum mehr ruhig stehen bleiben. Aber auch die Wartenden an der Bändchenausgabe hatten durchaus ihren Spaß, denn auf der Jungle-Stage bespaßten wieder Saskia Thode, Mambo Kurt, Heinz Strunk und in der Nacht die Alien-Rock-Explosion mit der Maschine’s Late Night Show die Gäste. All das auch ohne zusätzliches Ticket und Bändchen. Vor der Louder-Stage bekommt man indes mit den angekündigten Bands einige der derzeitigen Top-Acts Europas zu sehen. Einzig Gloryhammer sorgen für einen Wehrmutstropfen. Sie bleiben nach mühevoller Anreise aus England auch noch im Stau stecken und können erst mit einer Stunde Verspätung ihren Gig starten. Es langt immerhin noch zu vier Songs.
 
Donnerstag, 04.08.2022
 
Die offiziellen Pfandsammler der Wacken Foundation bekommen immer mehr Unterstützung durch die Campbewohner und bekommen schon Säckeweise das begehrte Gut der Gäste „frei Haus“ in das Camp geliefert. Viele informieren sich vor Ort im Sozial-Camp über die Tätigkeit der Foundation und sind begeistert von der Arbeit der Stiftung. Unterstützung von jungen Metal-Bands durch Projektförderung, Studienunterstützung oder Schüler-Camps zur Nachwuchssichtung, kommen sichtlich gut an. Für mich stehen die großen Bühnen im Vordergrund. Das Infield mit den großen Bühnen „Harder“ und „Faster“ wurde Mittags eröffnet. Die Wege sind weit, die Möglichkeiten individuell verteilt und das persönliche „Must have“ bestimmt das Programm. So komme ich von den beiden „großen“ Bühnen nicht mehr weg. Grave Digger mit großem Besteck machen den Anfang. Supported von „Baul Pipes & Drums and Friends“ kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Mit „The Brave“ starten die Jungs um Chris Boltendal ihren Siegeszug auf dem heiligen Acker, mit dem abschließenden „Heavy Metal Breakdown“ legen sie ein furioses Ende hin. Schade ist, das parallel Rose Tattoo auf der Louder Stage stehen. Die Australier mit ihrer schlichten Rock´n´Roll-Show hätten eine große Bühne verdient. Auch die beiden Bands davor hätte ich gerne gesehen. Die aufstrebenden schwedischen Mädels von Thundermother sowieso und auch Hämatom spielten ihre spezielle Berlin-Show.

Nach Udo Dirkschneider’s Auftritt auf der Faster Stage, der sich als ein komplettes Accept-Set entpuppt, kommt dann eine mehr oder weniger große Überraschung. Aufgrund der kryptischen, aber doch durchschaubaren, Ankündigung auf den Social Media-Kanälen Wackens munkelte man es schon den ganzen Tag, aber das trübte die Freude der Anwesenden nicht. In der Umbaupause werden beide Hauptbühnen von ganzen Scharen an Wikingern gestürmt und auf einer bislang eher ungesehenen Bühne zwischen den Hauptbühnen direkt unter dem Schädel stehen die Guardians of Asgaard, die sich als Amon Amarth entpuppen. Rund dreißig Minuten Show zur Promotion ihres Tags darauf erscheinenden 12. Albums „The Great Heathen Army“ bieten die Nordmannen, bevor es wie geplant auf der Harder Stage mit Mercyful Fate weitergeht. Der große erwartete Headliner und mein persönlicher Favorit betritt dann um 22:15 die Faster Stage. Der Schädel brennt über der Bühne und der nahezu 71jährige Rob Halford liefert eine grandiose Show von zwei Stunden Länge ab.
Aber auch das Programm der kleineren Bühnen bot an diesem Tag einiges für den geneigten Zuschauer. Am Nachmittag heizten Walkways der Wackinger Stage dermaßen ein, dass selbst die Security nicht mehr an sich halten konnte und die Köpfe kreisen ließ. Am späteren Abend ließen Rotting Christ und Belphegor die W:E:T- & Headbanger-Stage mit ihren dunklen Klängen erzittern und bescherten sicher einigen Leuten Genickschmerzen beim Aufwachen. Gwar hingegen ersäuften die ersten Reihen der Louder Stage in tonnenweise Kunstblut. Berichten zu Folge spritzte dieses bis zu 30 Meter weit in die Menge hinein, was zumindest rekordverdächtig sein dürfte.

Freitag, 05.08.2022
 
Waren die ersten Tage Band-mäßig für viele noch recht entspannt, sieht das heute schon ganz anders aus. Nahezu jeder rätselt, wie man alle gewünschten Bands des heutigen Tages unter einen Hut bekommen soll, ohne sich zwei-, drei- oder gar vierzuteilen. Es hilft aber alles nichts, Prioritäten müssen gesetzt werden. Zusätzlich setzt auch die Hitze zunehmend allen Anwesenden zu. Die Besucher sehen noch fertiger aus, als sie es ohnehin sind und die Leistung der Security nimmt leider auch zunehmend ab. Immer wieder kommt es zu teils sehr unnötigen Diskussionen, weil die eine Hand nicht weiß, was die andere macht und doppelte Kontrollen oder Anweisungen über eigentlich gesperrte Wege zu laufen, immer häufiger werden. Irgendwann ist es dann aber geschafft und man kann endlich die Bands genießen. Blind Channel geben hierbei schon am frühen Morgen ihr Bestes und motivieren mit ihrem Cover von Anastacias „Left Ouside Alone“ sogar die Bauchladenverkäufer zwei Runden im Circle Pit mitzudrehen. Wenn das mal kein gelungener Auftakt für diesen Tag ist.
 
Auf der W:E:T-Stage gibt der unersättliche Nergal zu einem späteren Zeitpunkt mit Me And That Man seinen ersten Auftritt für diesen Tag zum Besten, bevor er später noch mit Behemoth die Hauptbühne bespielen wird. Wem das erstgenannte Projekt ein Begriff ist, der weiß, dass prominente Unterstützung hier das A und O ist, weshalb es sich die Band auch nicht nehmen ließ, sich von Frank The Baptist unterstützen zu lassen.
 
Nunmehr folgt das erste große Streitpotential an diesem Wochenende: Kann man Alligatoah hier spielen lassen oder nicht? Die Antwort ist hierbei völlig egal, denn der Platz vor der Louder Stage platzt aus allen Nähten und am Ende feiern und gröhlen doch alle mit. Die Stimmung ist definitiv am Kochen und wie der feine Herr Gatoah selbst schmunzelnd anmerkt: „Ich habe noch nie so viele Stagediver bei einer Ballade gesehen.“ Weiter geht es mit Hypocrisy auf der Faster-Stage. Aufmerksame Besucher bemerken beim Konzert auffällige Arbeiten auf der Mittelbühne, auf der gestern das Amon Amarth „Geheimkonzert“ stattfand. So ist auch heute eine Überraschung geplant. Hämatom stellen gemeinsam mit Saltatio Mortis Titel vor, die sie gemeinsam in 48 Stunden geschrieben haben. Aufgrund des engen Timetables folgt Behemoth leider nur im Fotograben. In Extremo fackelt die Stage ab. Während der letzten Songs steigt aus der alten Kuhle ein riesiges, minutenlanges Feuerwerk hoch. Wer ist hier eigentlich der Headliner? Slipknot muss nun die Asche zusammenfegen, die In Extremo hinterlassen hat. Sie müssen mit ihrer eigenen Show punkten. Wie zu erwarten ist, ist der Bühnenbereich gnadenlos überfüllt und ohne Pits wäre eine Bewegung in irgendeine Richtung nahezu unmöglich. Dennoch schafft man es irgendwie riesige Lücken in der Crowd aufzureißen, in denen die Leute nach Herzenslust alles rauslassen können. Sehr positiv ist hierbei anzumerken, dass die Leute extrem aufeinander achten. Slipknot nutzen ihren Zeitslot nicht aus und so entsteht eine ungewöhnlich lange Pause von über einer halben Stunde. Den Abschluss bilden hiernach The Halo Effect. Die Gruppe besteht unter anderem aus ehemaligen In Flames und Dark Tranquillity-Mitgliedern und gibt ihr ganzes Debütalbum zum Besten, welches erst eine Woche danach erscheint. Leider sind die Fans von Slipknot noch so zerstört, dass sie nicht einmal die Hälfte der Auslastung vor der Bühne erreichen. Dafür merkt man den Anwesenden ihre Freude aber umso mehr an. Gewinner des diesjährigen Metal Battle wird Sable Hills aus Japan. Meine persönlichen Favoriten Lamentari aus Dänemark werden Dritter.
 
Samstag, 06.08.2022
 
Der letzte Tag des Festivals bricht an und während sich einige noch den Staub des Vorabends aus der Lunge husten, sitzen vielerorts die Fahrer beisammen und genießen ihr letztes kühles Kaltgetränk, bevor sie den Rest des Festivals abstinent verbringen. Hier wird auch schnell ein Fehler in der Planung klar: Die Höhner spielen passend ab 11:11 Uhr auf der Wackinger Stage und die Stimmung hier kann doch nur mit Alkohol gut sein. Denkste? Falsch gedacht! Von Laola durch das ganze Wackinger Village über Pits und Crowdsurfer war alles vertreten. Obwohl die Band hier ebenfalls nicht so ganz reinpassen möchte, merkt man ihnen und den Besuchern mehr als deutlich an, dass alle hier eine grandiose Zeit haben, so dass die Ansagen immer wieder von fassungslosem Staunen unterbrochen werden. Auch das zuvor angedeutete Metallica Cover kam nicht zu kurz, wurde jedoch mit eigenem Text versehen, was der Stimmung aber keinen Abbruch tat. Nun folgt der wohl aufgedrehteste Auftritt des Festivals: Neaera melden sich nach ihrer Schaffenspause zurück und holen wirklich ALLES auf, was in dieser Zeit gefehlt hat. Sänger Benny verbringt mehr Zeit in der Crowd als auf der Bühne, lässt sich auf den Schultern durch den Circle tragen und growlt sich selbst noch beim Crowdsurf-Handstand die Seele aus dem Leib. Irgendwann ist er so hyped, dass er auf dem Weg zur Crowd schon wieder den Songtitel vergessen hat und auf halbem Weg wieder zur Bühne zurückkehren muss. Das ist definitiv sehenswert und für viele wohl das geheime Highlight des diesjährigen Wacken. Selbstverständlich darf auch der obligatorische Besuch bei den Wacken Firefighters auf der Wackinger Stage nicht fehlen, die mal wieder alles von Lordi´s „Hardrock Hallelujah“ bis hin zum Sommer-(Un)Hit „Layla“ im Gepäck haben. Von dort aus geht es im Laufschritt vor die Hauptbühnen. Orden Ogan, Life Of Agony, Tarja und As I Lay Dying sorgen für das Nachmittagsprogramm. Parallel zu Tarja findet die Abschlusspressekonferenz statt. Die Veranstalter ziehen eine positive Bilanz. Insbesondere die Polizei lobt die Festivalbesucher. 60 % weniger Straftaten als 2019, nur noch 29 aktenkundige Fälle im gesamten Ablauf des Festivals. Beamte wurden aus Wacken zur Waldbrandbekämpfung nach Brandenburg abgezogen. Danach ein kurzer Abstecher zur Louder Stage bringt ein paar Eindrücke von Danko Jones. Im Anschluss schnell zu Hämatom an die Harder-Stage, die ungewöhnlicherweise anmoderiert wird. Maschine Nitrox wurde von den Oberfranken gebeten, den Auftritt einzuleiten. Ein wenig rythmisches Kopfnicken und die immerwährende Faszination über ihr eigenes „Drum-Surfen“ lässt sich dabei aber nicht von der Hand weisen. Danach noch ein paar Bilder von den schwedischen Arch Enemy mit ihrer kanadischen Frontfrau Alissa White-Gluz. Für das angemessene Kontrastprogramm sorgt am späteren Abend Rectal Smegma mit einer geballten Ladung Goregrind und den viel zu wenig genutzten „Zombie-Circlepits“ auf der Wasteland Stage. Um noch ein bisschen von allem mitzubekommen, folgt nunmehr ein fliegender Wechsel von Powerwolf zu Death Angel und an das kleine Feuer im Wackinger Village, da es nach und nach immer rapider abkühlt, weshalb die kurze Hose auch leider schnell den Spaß an Lordi zunichte macht und den Rückweg ins Camp einleitet.

Unser Festival Fazit:
Es war wieder einmal grandios und ein schönes Gefühl nach dieser Zeit endlich wieder auf den Holy Ground zurückkehren zu können. Jedoch scheinen sowohl die Orga als auch die Gäste verlernt zu haben, wie es geht. Die langen Schlangen an der Bändchenausgabe waren ohne Wasser stellenweise wirklich gefährlich, die Händler (die nun einmal von ihren Einnahmen leben) konnten nichts verkaufen ohne eben dieses Bändchen und auch auf den Campgrounds gab es immer wieder Probleme, wenn die Einweiser beispielsweise zunächst Rettungsgassen zuwiesen, um diese danach wieder räumen zu wollen, ohne jedoch eine Option zum umsiedeln (außer auf die hintersten Campgrounds) parat zu haben. Ebenfalls erschließt sich uns nicht ganz, warum „Trinkbeutel“ von anderen Festivals oder Marken nicht ebenso gestattet werden, wie die eigenen von Wacken. Letztere sind zwar kostenlos verfügbar, aber teilweise mit langen Anstellzeiten verbunden, was wiederum zu Risiken mit der Hitze führt.
Die Wege sind weit, ein Besuch bei den hervorragenden Bands im Landgasthof waren aus Zeitgründen einfach nicht möglich. „Mal eben“ zum LGH und zurück zum Geschehen entspricht etwa einer Strecke von vier Kilometern. Trotz lukrativer Auftritte von Freunden und Bekannten, The Pinpricks, Pay Pandora, Thundermother, Hardbone und anderen, verzichtet man darauf. Man verpasst einfach zu viel auf dem Hauptplatz, auf dem man selbst nicht all das Sehenswerte mitbekommen kann. Ein Luxusproblem. Alle diese Bands gehören dem großen Publikum zugänglich gemacht. Bei 30 Grad im Schatten war es schon Mittags im Landgasthof unerträglich warm. Auf das Bullhead Zelt und Kaufland wurde wegen der Corona-Gefahr verzichtet, aber hier drängen sich 400 Leute im engen Saal des Gasthofes. Ein Widerspruch in sich.

Berichterstattung / PhotoCredits: Norbert Czybulka & Etienne Kulik

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