Konzerte

ELUVEITIE + LACUNA COIL + INFECTED RAIN – Singende Metal-Schönheiten in Hamburg (21.12.2019)

Was sich so schnell in Windeseile als „Sold Out“ entpuppt, muss einfach gut sein. ELUVEITIE auf ihrer „Ategnatos“ Tour“, als Special Guest mit dabei die Italiener von LACUNA COIL und als Support die Moldavier von INFECTED RAIN. Unterschiedlich in ihren Genres kommen sie daher, dennoch gibt es eine auffallende Gemeinsamkeit. Jede Band punktet mit Sicherheit bei dieser Tour durch ihre Frontfrauen – sozusagen „Beauties on tour“.

Da ich Christina Scabbia und LACUNA COIL bisher noch nicht live erlebt habe, aber dennoch großer Fan dieser Band bin, war für mich sofort klar, es geht noch einmal kurz vor Weihnachten nach Hamburg. Diesmal ins Hamburger Docks. Vollkommen gespannt war ich u.a. auf INFECTED RAIN. Auch diese junge, in 2008 gegründete Band, war mir live bisher entgangen. Einzig und allein die Headliner waren bekannt, hatte ich sie doch schon mehrmals gesehen, u.a. beim Rockharz Festival oder aber zuletzt in diesem Jahr im Februar bei den Wacken Winter Nights.

Erstaunlicherweise – trotz des vor dem Docks stattfindenden Santa Pauli Weihnachtsmarktes – fand ich diesmal direkt in der Parkgarage vor dem Docks einen Parkplatz. Vor der Location fiel gleich die irre lange Warteschlange auf. Doch Dank der Gästeliste konnte ich zumindest einen weiteren Einlass nutzen, der mich schnell in die Venue brachte. Um ca. 19:15 Uhr begann die Opener-Band – für viele vollkommen überraschend und wie schon von mir vorab befürchtet, berichteten später einige Gäste, dass sie einen Großteil von INFECTED RAIN verpasst haben. Hier sollte man vielleicht doch in Zukunft ein wenig mehr „Timing“ walten lassen, so dass das gekaufte Ticket auch von jedem voll ausgenutzt werden kann.

brachten uns am heutigen Abend den Nu Metal auf die Bühne. Gerade erst Mitte Oktober diesen Jahres veröffentlichten sie ihr aktuelles Album „Endorphin“. Kannte man die quirlige Elena Cataraga alias „Lena Scissorhands“ doch eher auf den Vorgängeralben nur screamend und growlend, spielten nun in den neuen Songs auch schöne melodiöse Clean-Vocal-Parts mit ein. Vom Album selbst war ich schon vorab begeistert, nun sollte die Band mich auch noch live überzeugen. Und das geschah. Vor mir auf der Bühne fand ich nun eine Band, die noch so richtig Bock hat und eine solche Energie mit sich bringt. Natürlich ist die wunderhübsche Frontfrau Lena das Aushängeschild, aber das Augenmerk fällt ebenfalls auf die vier weiteren, gut gelaunten Bandmitglieder um sie herum. Songs, wie beispielsweise „Sweet, sweet lies“, „Mold“ oder aber „Orphan Soul“ brachten durch ihre härtere Gangart auch dementsprechend Bewegung auf die Bühne. Hier drehten die Dreadlocks von Lena und Gitarrist Vidick einige Runden in der Luft. Mein Lieblingssong „The Earth Mantra“ brachte ein wenig Ruhe ins Geschehen. So gefühlvoll präsentiert und auch gesanglich beeindruckend von Ms. Scissorhands ausgeführt. Was in dieser kleinen Person an Stimme herauskommt – einfach klasse! INFECTED RAIN brachten als Opener ein spitzenmäßiges 35minütiges Warm-Up, obwohl man grundsätzlich ein solches in der Docks „Saunalandschaft“ gar nicht benötigt. Die alten Heizkörper liefen auf höchster Stufe. Liebes Docks – das braucht kein Mensch, wenn die Halle mit 1200 Leuten gefüllt ist!

Setlist INFECTED RAIN: Mold / Passerby / Orphan Soul / Lure / Black Gold / The Earth Mantra / Sweet, sweet lies

Die Umbaupause nutzte ich schnell und eilte in die Prinzenbar. Schnell ein kaltes Wasser getrunken, eine Zigarette geraucht und hier und da entstand eine kleine Plauscherei, wie so oft bei Konzerten.

Gegen 20:15 Uhr starteten dann LACUNA COIL. Mit einem Intro untermalt, betraten die Bandmitglieder die Bühne. Die Outfits heute ganz in schwarz, die Gesichter schwarz weiß bemalt. Die beiden Vocals, Christina Scabbia und Andrea Ferro, tragen zusätzlich schwarze Kapuzen. Seit 1996 etabliert sich diese Band von Jahr zu Jahr und mit jedem Album erfolgreicher in der Metalwelt. Und Christina Scabbia wird, umso älter sie wird, einfach immer schöner. Es folgt nun eine Stunde Stagetime mit einer gut bestückten Setlist, die durch die diversen Alben von LACUNA COIL führt. Von ihrem aktuellen Album „Black Anima“, das im Oktober 2019 veröffentlicht wurde, bekommen wir u.a. „Reckless“, „Layers of Time“ oder aber „Sword of Anger“ zu hören. Mit „Heaven’s a lie“ gehen wir zurück zum 2002er Album „Comalies“ und natürlich setzt das Hamburger Publikum dann unterstützend gesanglich bei der Depeche Mode Covernummer „Enjoy the silence“ ein. Stimmlich begeistert an diesem Abend auch Andrea Ferro, der auf dem aktuellen Album einen gleichwertigen Gesangspart erhielt. Christina Scabbia hat mich live noch ein größerer Fan von LACUNA COIL werden lassen. Ob nun gesanglich in den höheren oder tieferen, schreienden oder ruhenden Tonlagen, es sitzt einfach alles. Meine Verehrung an dieser Stelle mit einem Knicks am Ende. Ganz großes Kino! Ich für meinen Teil hätte jetzt noch eine weitere Stunde LACUNA COIL zuhören können, aber wir gehen auf das Ende der Spielzeit zu und Christina Scabbia bedankt sich beim Hamburger Publikum: „Thank you for spending your precious time for sharing this evening with us!”  Salutierend, den Arm empor gestreckt, leitet sie sodann mit „We fear nothing, we fear nothing!“ – einer Textpassage aus dem nun letzten Song des Sets „Nothing stands in our way“ ein. Das Hamburger Konzert ist das letzte Konzert der Tour dieser Band-Triologie. Somit verabschiedet sich die Band herzlich von ihren Fans und es werden noch Pleks und Drumsticks im Publikum verteilt. Nach diesem Auftritt bin ich noch ein stückweit verliebter als zuvor. Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit LACUNA COIL beim Wacken Open Air 2020!

Setlist LACUNA COIL: Blood, Tears, Dust / Our truth / Layers of time / My Demons / Reckless / Enjoy the silence / The house of shame / Sword of Anger / Heaven’s a lie / Veneficium / Nothing stands in our way

Die Umbauphase zwischen LACUNA COIL und ELUVEITIE zieht sich nun doch erheblich in die Länge. Es ist mittlerweile wirklich unerträglich heiß und proppevoll im Docks. Angst haben, hier umzufallen, braucht man wirklich nicht, denn die Besucher stehen Pelle an Pelle, dicht aneinander gepresst. Fast 40 Minuten vergehen, bis dann endlich der leicht transparente, weiße Vorhang hängt. Ein Star Wars Intro leitet in das nächste Set des Headliners ein, der Vorhang fällt und die neun Bandmitglieder der Schweizer Folk-Metal-Band ELUVEITIE verteilen sich auf zwei Bühnenebenen.

Da wir uns hier auf dem letzten Konzert der „Ategnatos Tour“ von ELUVEITIE befinden, leitet gleichnamiger Song nun auch die folgenden eineinhalb Stunden Power-Folk-Metal ein. ELUVEITIE punkten natürlich durch eine Vielfalt an Instrumenten. Die zauberhafte Fabienne Erni bespielt in gewohnter Weise die keltische Harfe, Nicole Anspenger kommt mit der Fidel daher und Michalina Malisz, unterstützt als dritte Frau auf der Bühne mit der Hurdy Gurdy. Flöte und Geigen, Gitarren und der growlende Gesangspart von Frontmann, Christian Glanzmann, das alles ist es, was die Musik von ELUVEITIE ausmacht. Das aktuelle Album „Ategnatos“ ist das achte Studioalbum der Folk-Metaller aus dem Heidi-Land und somit gibt es aus diesen acht Alben in den eineinhalb Stunden Spielzeit einiges an Songs zu hören. Interessant u.a. auch „De Ruef vo de Bärge“. Diesen Song präsentieren ELUVEITIE in ihrer Heimatsprache, dem Schwyzerdütsch. Durch die Menge an Musikern, dem facettenreichen Spiel und den interessanten, teils altertümlichen Instrumenten, bekommt der Zuschauer bei ELUVEITIE eine Vielfalt an musikalischem Können. Was wir hier in Hamburg erleben durften, war ein wahres Spektakel und wer auf alte keltische Sagen steht und gerne auch im Mittelalter-Metal unterwegs ist, dem sei ein Live-Konzert der Eluveitianer ans Herz gelegt. 

Setlist ELUVEITIE: Ategnatos / King / De Ruef vo de Bärge / Deathwalker / Worship / Artio / Epona / A rose for Epona / Thousandfold / Embiramus / Breath / Helvetios / Havoc

Ich verabschiede mich aus einer brüllend heißen Location mit einem trockenen Hals, bedanke mich aber bei den drei Hammer-Bands des heutigen Abends, der schöner nicht hätte sein können. Großartige Stimmen, wunderschöne Frontfrauen, interessante Instrumente, alles metalmäßig hart oder aber manchmal ganz seicht und zart. Alles war dabei. Für mich geht es zurück nach Schleswig-Holstein, die Besucher verlassen zügig die Venue und die Bands haben von nun ab an ebenfalls Weihnachtszeit.

Berichterstattung / PhotoCredits: Stefanie Preuß