35 Jahre Irish Speed Folk: Fiddler‘s Green laden zur Geburtstagsparty (Skaters Palace Münster, 28.11.2025)
Das letzte Mal fühlt sich noch gar nicht lange her an: In schöner Regelmäßigkeit feiern Fiddler’s Green ihre Jubiläen, und so laden sie auch 2025 wieder ein. Seit 35 Jahren bringen die Erlanger Bühnen zum Beben und ganze Familien zum Tanzen. So auch an diesem Abend im Münsteraner Skaters Palace, welches gut gefüllt mit Geburtstagsgästen ist.
Bevor die Gastgeber sich jedoch selbst die Ehre geben, eröffnen zuerst Wüstenberg den Abend. Freunden des Irish Folk ist der Name
vielleicht nicht ganz unbekannt, denn Sänger und Gründer Franz Wüstenberg war einst auch Gründer und langjähriges Mitglied von The O’Reillys and the Paddyhats. Erst seit Kurzem ist sein neues Projekt am Start. So ist der Opener des Abends mit erst zwei releasten Singles noch relativ frisch in der Musikwelt, reißt das Publikum aber ab dem ersten Moment an mit. Wüstenberg überzeugen mit schönen Melodien, tanzbarer, lebensfroher Musik und jeder Menge Spielfreude. Den Bandmitgliedern ist der Spaß an der Sache anzusehen, es wird getanzt, gelacht, gescherzt. Das passt zum Anlass und so bieten Wüstenberg nicht nur körperlich ein gutes Warm-Up, denn auch das Publikum tanzt und klatscht mit, sondern sie erwärmen auch die Herzen. Franz Wüstenbergs neues Projekt überzeugt und legt einen guten Start an diesem Abend hin.
Es gibt eine Umbaupause und schließlich erklingt um kurz vor neun das Intro: Angesichts des Jubiläums folgt ein kurzer Zusammenschnitt diverser Songs aus 35 Jahren Bandgeschichte, angelegt wie ein den Sender wechselndes Radio, bevor schließlich die ersten Töne des Drive Me Mad-Openers Irish Air erklingen und Fiddler’s Green die Bühne stürmen. Der Opener ist bereits eine kleine Überraschung, denn der Song war nun einige Jahre nicht mehr Teil der Setlist. Die Band legt damit bereits zu Beginn der Show mit einem beachtlichen Tempo vor, denn es folgen die nicht minder schnellen, tanzbaren Songs P Stands for Paddy und Down.
Einem Jubiläum würdig, nehmen Fiddler’s Green ihr Publikum an diesem Abend auf eine lange Reise durch die Bandgeschichte. Neben Traditionals, die schon in den frühen 90ern zum Repertoire der Fiddlers gehörten, erklingen auch Eigenkreationen aus der Zeit von Drive Me Mad bis zu The Green Machine. So ist die Setlist insgesamt wirklich ein buntes Potpourri an Songs aus wortwörtlich 35 Jahren Fiddler’s Green. Im Schnitt finden sich zwei bis drei Songs pro Album im Set, wobei allerdings die Zeit zwischen Black Sheep und Nu Folk, bis auf die Traditionals Donkey Riding und The Mermaid – welche im Acoustic Pub-Medley erklingen – großzügig ausgespart wird. Ein kleines bisschen schade ist das, denn über eine Rückkehr von Shut Up and Dance hätte ich persönlich mich wirklich gefreut. Tatsächlich finden sich recht viele Songs im Set, die auch in den vergangenen Jahren auch oft Teil der Show waren, was ebenfalls ein bisschen schade ist, da es durchaus auch Fanlieblinge gegeben hätte, die in den letzten Jahren kaum Berücksichtigung fanden.
Insgesamt wird aber viel geboten: So gibt es auch an diesem Abend als Teil des Standardrepertoirs ein Solo von Geiger Tobi Heindl mit Unterstützung von Stefan Klug an der Drehorgel bzw der Bodrhán und – an diesem Abend in Vertretung für Drummer Frank Jooss – Andy Horst von Letzte Instanz an der Trommel. Und während Geiger Tobi an diesem Abend auf das Crowdsurfen im Gummiboot verzichtet, geigt er stattdessen während The Bog auf einer Leiter im Publikum, um die sich ein beachtlicher Circle Pit bildet. Damit er im Publikum nicht vereinsamt, folgt der Rest der Band im Anschluss für das Traditional Raggle Taggle Gypsy und während die Band vom Publikum umringt wird, wird auf der Bühne schnell alles umgebaut. Eine Bar mit passendem Hintergrundbanner findet den Weg auf die Bühne, bestückt mit einer Reihe Plastikbechern. Zeit für den zweiten Rückkehrer nach längerer Pause: Mit altbekannter Becher-Choreographie, die an diesem Abend beinahe reibungslos über die Theke geht, findet endlich wieder John Kanacka einen Platz im Set. Es folgt ein kurzer Acoustic Pub Crawl-Part, bei dem mit The Creel ein Stück aus frühester Bandgeschichte auf dem Plan steht. Bei Rocky Road to Dublin wird es dann eng, denn in bekannter Fiddler’s Green-Manier wird das Publikum dazu aufgerufen, den Saal zu spalten und dann beim eingängigen Chorus einmal quer durch den Raum die Seiten zu tauschen – die Wall of Folk geht auf. Ein großartiger Anblick, bei dem Jung und Alt mitmacht und die geübteren Fans taktisch kluge Moves wie „die Walze“ auspacken.
Schließlich geht es auf die Zielgerade, wo mit We Don’t Care ein weiterer Song erklingt, der nun einige Jahre Pause hatte und richtig Spaß macht. Das Finale wird wirklich noch einmal körperlich anstrengend – obwohl Fiddler’s Green ihren Hüpf- und Tanzklassiker Yindy irgendwie doch überraschend aus dem Set gestrichen haben. Mit Folk’s Not Dead zeigen Band und Publikum in der Tat, dass Folk ziemlich lebendig ist und danach geht es kurz von der Bühne. Kurze Verschnaufpause, bevor es mit vier absolut hochkarätigen Zugaben zum Abschluss des Abends geht: Natürlich darf der Fanliebling und mittlerweile Klassiker Victor and his Demons nicht fehlen – seit dem Erscheinen von Wall of Folk im Jahr 2011 gab es kein einziges Jahr, in dem Victor nicht im Pub saß, um seine Dämonen wegzusaufen. Mit The Galway Girl und The Wild Rover erklingen noch einmal zwei neuere Cover vom letzten Jubiläumsalbum 3 Cheers for 30 Years bevor zum letzten Tanz aufgerufen wird: Für Blarney Roses werden nach alter Tradition weibliche Fans auf die Bühne gebeten und es finden sich locker drei Generationen an Fiddlers-Fans ein, die tanzen, dass die Bühne bebt.
Fast zwei Stunden geht die Sause, dann ist kurz vor 23 Uhr Schicht im Schacht. Ein schweißtreibender Abend geht zu Ende. Fiddler’s Green wissen eindeutig, wie man einen Geburtstag gebührend feiert – kein Wunder, sie haben jahrelange Übung. Und so bin ich jetzt schon gespannt, was sie wohl in 5 Jahren zum 40jährigen zusammenstellen werden.
Setlist The Fiddler’s Green:
1) Irish Air – 2) P Stands for Paddy – 3) Down – 4) Mrs McGrath – 5) Old Dun Cow – 6) A Good Old Irish Bar – 7) Botany Bay – 8) Greens and Fellows – 9) Tobi Solo – 10) Take Me Back – 11) The Bog – 12) Raggle Taggle Gypsy – Acoustic Pub Set: 13) John Kanacka – 14) The Creel – 15) Medley: I’m Here Because I’m Here / This Old Man / Donkey Riding / The Mermaid – Normales Set: 16) Rocky Road to Dublin – 17) Perfect Gang – 18) We Don’t Care – 19) One Fine Day – 20) A Bottle a Day – 21) Folk’s Not Dead – Zugaben: 22) Victor and his Demons – 23) The Galway Girl – 24) The Wild Rover – 25) Blarney Roses
Berichterstattung / PhotoCredits: Olivia Zöllner


