JAN OFF – Lesung des Szeneautors im Kieler FahrradKinoKombinat (27.01.2023)

„Vorkriegsjugend“, Geschichten eines exzessiven Punkerlebens, „200 Gramm Punkrock“ oder sein letztes Werk „Liebe – Glaube – Hohngelächter“ sind seine bekanntesten Werke. 2001 wurde Jan Off National-Poetry-Slam-Champion. Heute gibt er einen Mix aus seinen bisherigen Publikationen zum Besten. Er beschreibt mit seinem Schwarzen Humor ungeschminkt den Alltagswahnsinn. Er spricht von Polizeiwillkür, dem Punk werden und vom Leben des Anitifaschisten. 

Das FahrradKinoKombinat, kurz FKK, ist ein „alternatives“ Kulturzentrum in der Kieler Innenstadt. Eintritt und Getränke werden bezahlt nach dem „Gib-was-du-kannst“ Prinzip. Vor der Tür erst einmal ein Corona-Schnelltest, damit sich Künstler, Mitarbeiter und Zuschauer sicher fühlen können. „200 Gramm Punkrock“, die Neuauflage von „Vorkriegsjugend“ war vor Jahren mein erster Kontakt mit dem Autor. Wie es oft so ist, verliert man den Autor dann aus dem Sinn. Nachdem ich im vergangenen Jahr dann von dem Erscheinen seines neuesten Werkes „Liebe – Glaube – Hohngelächter“ erfuhr, wollte ich eigentlich sofort wieder zuschlagen. Meine Vorsätze blieben dann aber leider wieder liegen. Nun erinnerte mich das „Social Media Netz“ an die Lesung und ich machte mich vom warmen Sofa auf in die eisige Kieler Innenstadt. 

„Lesungen von Jan Off sind wie ein Ritt auf der Rasierklinge. Ob er sich an das angekündigte Programm hält, ist ebenso ungewiss, wie die Frage, ob er seine Zuhörerschaft charmant umgarnen oder nicht minder charmant beleidigen wird. Abschweifungen gehören in jedem Fall genauso zum guten Ton wie spontane Reaktionen auf Äußerungen aus dem Publikum. Das ist echtes Stand-up, wenn auch im Sitzen dargeboten. Nicht selten poetisch, nicht selten politisch, immer aber unterhaltsam“

so verlautet es aus dem Werbetext des Ventil-Verlages zu seinen Veranstaltungen. 

Es ist nicht viel los. Nach dem Testprozedere bin ich früh im Veranstaltungsraum und sehe den Autor mit einer Trainingsjacke vom Roter Stern Leipzig im Zuschauerraum sitzen. So kommen wir schnell ins Gespräch, ich kann schon einmal bei ihm persönlich einkaufen und die Bücher sowie eine Vinyl mit einem Hörbuch signieren lassen. Ein paar Gäste kommen noch, so dass es im Publikumsbereich immerhin noch zweistellig wird.

Zur Begrüßung ein munteres Gespräch. Jan Off weist darauf hin, das Autoren nach der Pandemie von der Krise stärker betroffen sind als Musiker. Die könnten sich noch in Streams retten, doch wer kauft jetzt noch ein Buch? Er liest Texte aus seinem neuen Werk, aber auch vereinzelt eingestreut aus älteren Büchern. Nach einem Gedicht steigt er mit der Beschreibung von Mückes Begegnung bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle an.

„Der Bulle, ein junger Typ mit ehrgeizigem, aber nicht unsympathischen Gesicht, verlor unüberhörbar an Laune. ‚Wollen Sie mich für dumm verkaufen?‘ ‚Gott bewahre‘, entgegnete Mücke [der Protagonist der Einstiegsgeschichte] ‚ich bin doch kein Menschenhändler. Menschenhandel ist verboten. Davon ab: Wenn ich etwas verkaufe, dann nicht für dumm, beziehungsweise für umme, wie es eigentlich heißt, denn das wäre ja eine Schenkung und kein Verkauf, sondern für einen angemessenen Betrag. Geld, Schotter, Patte. Sie verstehen?“ 

In diesem Stil zieht es sich durch den ganzen Abend. Immer im Dialog mit den Zuhörern erkennt sich die 23-jährige vorne links genauso in den Texten wieder, wie der fast 60-jährige Altpunk. Sein Stil erinnert an den Großmeister Charles Bukowski. Psychotische Punks, straßenschlachterprobte Jungautonome und klebstoffschnüffelnde Kleinkriminelle sind das Hauptklientel seiner stets mit schwarzem Humor und feinster Ironie verzierten Texte. 

Zweieinhalb Stunden vergehen wie im Flug. Man klebt an seinen Lippen, man schaut lachend, grinsend oder auch nur schmunzeld zu, wie er von seinen Figuren berichtet. Der Wahl-Hamburger beschreibt die Geschehnisse bunt und real.

Wird es in Zukunft noch solche Autoren geben? Werden sie so erfolgreich sein, dass sie davon leben können und uns solche Lesungen bescheren? Ich hoffe inständig, dass es noch Licht in diesen düsteren Zeiten gibt und geben wird.

Berichterstattung / PhotoCredits: Norbert Czybulka

 

 

 

 

 

 

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