AVATAR – „Hunter Gatherer“ – Düstere Materie mit Stil (Album-Review)
Man kann es nicht mehr hören: ein Album nach dem anderen wird dank der immer noch anhaltenden Pandemie verschoben. Umso schöner ist es, dass AVATAR am Releasedatum für ihr nunmehr achtes Studioalbum festgehalten haben und „Hunter Gatherer“ seit letztem Freitag (07.08.2020) wie geplant beim Händler Eures Vertrauens in den Regalen steht. Wir von NIC – NordMensch in Concerts – durften vorab schon einmal für Euch reinhören.
Vor wenigen Jahren noch als Geheimtipp gehandelt, zählt die Truppe aus dem schwedischen Göteborg heute zur Speerspitze des Melodic Death Metal. Entsprechend spielen sie regelmäßig auf den großen Festivalbühnen der Welt, wie dem Graspop Metal Meeting (BE), Hellfest (FR) oder Wacken, und tourten bereits mit Bands wie STONE SOUR, SLIPKNOT, IN FLAMES oder SABATON durch die ganze Welt.
Los geht das Album direkt mit zwei der bereits vorab veröffentlichten Brecher-Singles `Silence In The Age Of Apes´ und `Colossus´, die bei Fans und Kritikern gleichermaßen gut ankamen und bei uns schon für die einen oder anderen fliegenden Haarmatten sorgten. Es folgt `A Secret Door´, welcher für einige ein wohl enttäuschendes „Feature“ darstellen dürfte, da vorab viele Berichte auftauchten, dass kein Geringerer, als Corey Taylor (STONE SOUR, SLIPKNOT), einen Gastauftritt gab, der sich allerdings ausschließlich auf das Pfeifen konzentriert und dem „Sing-Along“-Chor am Ende beiwohnt. Dennoch – und auch trotz des etwas ruhigeren Starts – büßt der Song kein bisschen an Härte ein und lädt abermals zum Kopfkreisen. Nach der dritten Single-Auskopplung `God Of Sick Dreams´ folgt mit `Scream Until You Wake´ eine eher poppig anmutende Nummer, die allerdings wieder einmal unter Beweis stellt, dass Frontmann Johannes Eckerström nicht nur Growls beherrscht, sondern auch einwandfrei singen kann. Der Song versprüht meines Erachtens dennoch einen gewissen Charme. `Child´ besticht hingegen als wohl abwechslungsreichster Song des Albums. Mit seiner sehr düster anmutenden Atmosphäre, die durch sehr rapide und relativ häufige Wechsel zwischen ruhigerem Gesang und Johannes Shouts mit wiederum kinderliedartiger Melodie geprägt wird, sorgt für Gänsehaut. `Justice´ ist so ein klassischer AVATAR-Song der letzten Alben und verursacht einige nostalgische Minuten, bevor mit `Gun´ eine etwas unerwartete Ballade folgt, die aber die dunkle Stimmung des Albums nur noch umso mehr intensiviert. Den Abschluss bilden `When All But Force Has Failed´ und `Wormhole´, die in ihrer Härte und Intensität direkt wieder von Null auf Hundert springen. Letzteres ist vor allem von intensiven und nahezu hypnotischen Gitarrenriffs geprägt, die nochmals zum gepflegten Headbangen einladen und das Album sauber abrunden.
Fazit: Mit fünfundvierzig Minuten leider ein sehr kurzweiliges, aber dafür mehr als gelungenes Album. Man neigt dazu es gleich einige Male hintereinander anzuhören und von daher merkt man dann die kurze Dauer auch umso weniger. Das neueste AVATAR-Album thematisiert auf verschiedenste Weise die immer weiter voranschreitende Entwicklung der Technologie und der Welt im Allgemeinen sowie daraus entstehende unvorhersehbare Wege, die so beschritten wiederum werden. Im Vergleich zu seinen Vorgängern packt es damit thematisch (und auch musikalisch) noch einmal eine ganze Schippe mehr an Dunkelheit oben drauf, was aber insgesamt eine gelungene Grundstimmung vermittelt und konsequent auch beibehält. Bemerkenswert ist zudem, dass die Band das Album gemeinsam, also nicht wie sonst üblich in einzelnen Spuren, im Studio eingespielt hat, was sich auch in einem gewissen „Konzert-Flair“ niederschlägt. Für mich ein wirklich rundum gelungenes Album, mit dem AVATAR wieder einmal unter Beweis stellen, dass sie sich ihren Platz in der Welt des Metals mehr als verdient haben.
Punkte: 9 von 10