KARG „Resignation“ (Album Review)

Eines Abends vor dem heimischen Computer: Ich schreibe an einem Projekt, während im Hintergrund meine Playlist meine Kopfhörer flutet. Auf einmal wird mir eine Band namens „KARG“ vorgeschlagen, dessen Albumcover („Weltenasche“) mich interessiert. Zwei Songs später hat die Band meine volle Aufmerksamkeit und ich verbringe viele Wochen mit ihnen in den Autolautsprechern, Kopfhörern oder Ohrwürmern, während ich u.a. „Traktat“ oder auch „Resilienz“ intensiv suchte. Umso größer meine Vorfreude, als „Resignation“ angekündigt und direkt vorbestellt wird.

Wenn man sich in eine Berghütte zurückzieht, um sich selbst in der absoluten Abgeschiedenheit kennenzulernen, kann vieles dabei rumkommen; so ist es J.J. ergangen, der sowohl „Resignation“, als auch seinen ersten Roman „Die Asche vergangener Winter“ veröffentlicht hat. Musikalisch bekommt man einen emotionalen Trip durch Abgründe, Verluste und innerer Zerrissenheit, bei dem stets unterschwellig ein Hoffnungsschimmer mitschwingt. Die charakteristischen Merkmale (cleane Gitarren, ausuferndes Songwriting und gesprochene Filmpassagen) sind ebenso mit an Bord, wie überraschende Momente und 2 Coverversionen. „EBBE//FLUT“ hatte schnell  leichtes Spiel mit mir, denn es wird vorangeprescht und innerhalb von zwei Minuten alle Register gezogen, die mir eine Gänsehaut bescheren. Einprägsame Gitarren, cleane Passagen, hasserfülltes Gekeife und Gesangschöre. Dieser Song dominiert schnell meine Repeat-Taste, ehe ich mit „Generation ohne Abschied“ endgültig überrascht worden bin: Rap und Black Metal zu kombinieren ist mutig, aber das Experiment mit dem Hamburger Rapper Private Paul, eine derart emotionale Sprechpassage von den Boxen ins Herz zu schießen, ist mehr als gelungen! „Grab der Wellen“ hat bei mir länger gebraucht, aber entsprechend einen längeren Aufenthalt im Langzeitgedächtnis gebucht, was mich während des Schreibens dieser Zeilen immer noch schwer begeistert. Mit den beiden Coverversionen („Einen Traum weiter, dort fangen wir das Licht“ und „Fieberherz“) kann ich zwar (noch) nicht sehr viel anfangen, aber jeden Alcest-Fan dürfte das schnell eine sehr schöne Ersatzbefriedigung bescheren.

Fazit: Wer KARG bereits kennt, wird sich mit „Resignation“ erneut ein emotionales Ticket durch die inneren, menschlichen Abgründe im melancholischen Gewand abknipsen können. Für Neulinge sei gesagt, dass man sich die besten Momente von Alcest, mit dem Avantgarde Spirit erster Dornenreich Alben vorstellen kann, das mit einer sehr melancholischen Prise Hoffnung garniert wurde. Für mich untermauert „Resignation“ die Stellung, die KARG in meinem Leben eingenommen hat: eine feste Institution, die mit viel Liebe und kompromisslosem Mut zur eigenen Zerbrechlichkeit Alben veröffentlicht, die mich emotional noch sehr lange begleiten werden.

Redakteur: Sebastian Radu Groß

8 von 10 Punkten

 

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