HARPYIE „Blutbann“ (Album Review)

HARPYIE – eine Band aus Bad Oeynhausen im Kreis Minden-Lübbecke im Nordosten von Nordrhein-Westfalen. Im Volksmund auch Ostwestfalen genannt. Dieser geschichtsträchtige Ort lädt also wieder einmal ein, sich neuer Musik hinzugeben. Es ist bereits das siebente Album der Band, die laut Wikipedia im Genre des Folk-Rock, Folk Metal sowie dem Mittelalter-Rock zuhause sein sollen. Das letztjährige Album „Minnewar“ schenkte sich die Band zum zehnjährigen Geburtstag und es bestand durchweg aus Coversongs. Die Fangemeinde war von diesem Album zum Teil sehr enttäuscht, wurde es doch durch ein Crowdfunding-Projekt finanziert. Man stellte sich zum Geburtstag der Band doch etwas anderes vor. Ich wette, diesen Kritikern schwebte ein Album wie dieses neue nun, vor.
Wenn ich eine neue CD oder LP erhalte, zelebriere ich das Auspacken immer ein wenig. So auch in diesem Falle. Bereits das Cover-Artwork fasziniert mich. Hervorragend fotografiert von André Freitag, badet eine junge, hübsche Adelige im Blute junger Frauen, die ihre Adern aufgeschnitten haben und am Wannenrand stehen. So ähnlich assoziiert man wohl das Geschehen um die ungarische Gräfin Elisabeth Báthory, die Anfang des 16ten Jahrhunderts für solch Szenen verantwortlich gemacht wurde. Sie soll im Blut gebadet haben, um sich ewige Jugend und Schönheit zu erhalten. Der Albumname „Blutbann“ passt hier beim ersten Gedanken nicht so recht dazu. Im Mittelalter war ein Blutbann die Hohe Gerichtsbarkeit über Leib und Leben. Vom Blutbann betroffene Delikte waren Mord, schwerer Diebstahl, Vergewaltigung, Totschlag, Brandstiftung und Ketzerei. Erst mit dem Wissen lässt sich der Kreis zur Gräfin schließen, die für über 650 Tote, zumeist junge Dienerinnen, verantwortlich gewesen sein soll.Ich schweife aber mal wieder ab: Wir wollen ja über Musik reden. Und die hat mich doch sehr überrascht. Textlich steht das Thema Blut im Vordergrund. Hier nehmen neben Mord auch Okkultische Handlungen und die Sage um die Vampire viel Raum ein. Im musikalischen Grundgerüst erinnert das Album an die 2015er Scheibe Freakshow. Die neuen Songs sind aber härter und „erwachsener“ geworden. Neben den folkloremäßigem Mittelalterlichen Rock fließt nicht nur eine Spur Metal in die Musik ein, das Genre Neue Deutsche Härte muss einfach als Einfluss genannt werden. Daneben sind aber auch verspielte Feinheiten, wie elektronische Intros und Passagen zu erwähnen. Natürlich erfindet Harpyie das Genre nicht neu, schaut aber über den Tellerrand und liefert so ein Album mit vielen Facetten ab. Es ist ein Mix aus Eingängig und beschaulich sowie wuchtig und aggressiv.Blutadler ist eigentlich ein Begriff aus der Ära der Wikinger. Der Song behandelt die toxische Beziehung zweier Menschen zueinander, bei der sich einer von beiden bis zum Tod aufopfert. Als Gastsängerin kommt hier Mezzosopran Alina Tavangari zum Einsatz.Die Angst im Wald beginnt mit einer eingängigen, nahezu poppigen Melodie, während die Strophen aggressiv hart daherkommen. Der kopflose Reiter aus dem Film Sleepy Hollow wird in das Deutsche transferiert und ist nun ein Hesse. Es ist ein deutsches Märchen über einen unheilvoll bösen Geist geworden.Liebe auf den ersten Biss behandelt das Thema Hassliebe und nicht, wie man vielleicht zuerst denken würde, um die Vampire. 

Die Geister die ich rief ist ein Song, der Parallelen zur Freakshow bietet. Ein klassischer Harpyie-Song, der hin uns wieder allerdings etwas aggressiver wird. Der Text beschreibt im übertragenen Sinne, dass man mit dem klarkommen muss, was man hat. 

Klassisches Klavier in einem Intro zu Beginn von Dunkelschwarz geht über den Metalbereich, der irgendwie an Heaven Shall Burn erinnert. Bei den Refrains jedoch fährt die Geschwindigkeit komplett herunter, um dann wieder den Bogen komplett neu aufzubauen. Textlich geht es um einen teuflischen Geist, der sich Nachts auf die Brust setzt und böse Träume einflößt.

Wer wäre passender bei Nachtfalter als Gastsänger gewesen als Alexander „ASP“ Frank Spreng. Ein großartiger, aber etwas zu poplastiger Song, um die Gemeinschaft der schwarzen Szene. Der Song war der erste, der als Singleauskopplung und Vorbote zum Album erschien.

Verräterisches Herz basiert auf einer Geschichte von Edgar Allan Poe. Ein Mann bringt seinen Nachbarn um, aber sein Geist plagt ihn so sehr, dass er sich am Ende der Polizei stellt. Ein sehr elektrolastiger Song. Die Synties prägen das Lied und lassen es schrittweise immer härter werden.

Fang mich ein ist sehr gesangslastig, trotzdem bleibt das Tempo hoch und die Melodie eingängig. Hier hat Sänger Aello gut zu tun, das Feeling nicht abreißen zu lassen. 

Wir sind die Nacht ist sozusagen ein Album-Zwischenspiel als Übergang in das Vampierthema. Fans, die die Band über Start.Next in der Pandemie unterstützt haben, kommen hier als Chor ihren Einsatz. Eine Anleihe aus dem Bereich des Symphonic Metal, die mit nicht einmal eineinhalb Minuten nicht stört und eine gute Sache ist.

Gegen den Vampir hilft ein Pflock aus Holz. Um dieses Pfählen wird im Song gebeten. Das notwendige Handwerkszeug befindet sich in der limitierten Fanbox, sollte Euch der Gute über den Weg laufen. Ein weiterer harter, aber tanzbarer Track, bei dem die Drehleier nur Punktuell eingesetzt wird, denn der Song fetzt.. 

Okkult „ballert“ ebenfalls ganz schön. Der Song wurde als letztes geschrieben und verschmelzt die Aspekte Liebe und Tod miteinander. Spätestens hier können Anleihen aus der Neuen Deutschen Härte nicht mehr geleugnet werden.

Ich glaub dir nicht ist die Quotenballade und steht ganz am Ende des Albums. Sie ist melancholisch und emotional und steigert sich zum Finale hin. Es ist ein Song, der in die heutige Zeit passt. Getreu dem Motto „Wissen ist besser als Glauben“ soll man sich selbst ein Bild machen und Informationen hinterfragen.

Das Album ist nicht nur im üblichen digitalen Format zum Download und Stream erschienen, sondern neben der Digipak-CD auch von Metalville in Vinyl . Das limitierte Fanpaket kommt in einer hochwertigen Holzbox daher. Es enthält neben der CD eine exklusive DVD, den angesprochenen Holzhammer mit Holzpflock sowie eine signierte Autogrammkarte.

Punkte: 8,5/10

Redakteur: Norbert Czybulka

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