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Meshuggah, The Halo Effect und Mantar im Schlachthof Wiesbaden (11.03.2024)

Fast war’s, als seien die Göttinnen des Metals gegen dieses Konzert. Nachdem zuerst ein überraschender Busstreik Freund*innen in ihrem Kaff festgesetzt und ihnen somit den Besuch dieser Veranstaltung verwehrt hat, hatte mein Rad auf dem Weg noch einen Platten – und zwar mitten auf der Brücke über dem Rhein! Aber glücklicherweise habe ich davon abgesehen, das Flickzeug aus der Tasche zu räumen, so dass ich es mit einiger Verspätung doch noch zum Schlachthof nach Wiesbaden schaffte.

Und so kam es, dass ich von MANTAR nur noch die letzten beiden Songs mitbekam, darunter aber immerhin der Dampfwalzenknaller „Era Borealis“. Auf Platte find ich Mantar ja eher langweilig (bis auf den erwähnten Song), aber live überzeugte mich die Bremer Sludge-Combo, wozu allerdings auch der erstaunlich gute Sound beigetragen hat. Wenn man dann noch bedenkt, dass das nur zwei Typen sind, die diesen Lavastrom an tonaler Gewalt fabrizieren; umso beeindruckender. Kein Wunder, dass auch bei der ersten Band die Halle schon knüppelvoll war. Ein Kumpel, den ich angesichts der Menge an Menschen eher zufällig traf, war sogar nur wegen Mantar da und ist danach heim.

Der Rest des Publikums musste aber offenbar nicht „das Kreuz schonen“ und blieb für die weiteren zwei Bands. THE HALO EFFECT hat mich ähnlich positiv überrascht wie Mantar: Auf Platte ist mir der melodische Schweden-Death zu poppig, was mich im Übrigen auch davon abgehalten hat, als Tagesgast auf dem NOAF 2023 zu erscheinen, wo die Göteborger den Headliner gaben. Aber zurück nach Wiesbaden: Auch wenn The Halo Effect noch eine recht neue Band ist, die Musiker sind alles andere als unbekannt: Sänger Mikael Stanne kennt man z.B. von Dark Tranquility, Gitarrist Jesper Strömblad als Gründer und ehemaligen Klampfateur von In Flames, wie überhaupt alle Mitglieder einmal bei letztgenannter Melodic Metal-Institution mitgewirkt haben. Also auch untereinander kennt man sich schon lange, teils über 30 Jahre. Und das merkte man auch: Perfekt aufeinander eingespielt und mit einer Spielfreude, die sich auch auf das Publikum übertrug. Hier wurde deutlich härter abgeliefert, als auf Platte. „Become Surrender“ beispielsweise, die neueste Single, ist in meinen Ohren in der Studioversion ein unsäglicher Popsong, live kam der cleane, weichgespülte Gesang im Refrain aber deutlich dreckiger und energischer. Das Gleiche gilt eingeschränkt für Songs wie „Feel what I believe“ und „Days of the Lost“ (beide vom bisher einzigen Longplayer mit dem Namen des letztgenannten Songs), die mir allerdings auch schon in der Studiovariante deutlich besser reingehen. Der auch hier klare, dennoch druckvolle Sound tat sein Übriges und so war nach acht Songs der Zauber auch schon wieder vorbei – was wohl auch die Band irgendwie schade fand, denn die Musikanten lungerten noch lange auf der Bühne herum und schäkerten mit dem Publikum.

Muss man zu MESHUGGAH eigentlich noch groß was sagen? Wer dieses schwedische Urgestein des „Experimental Metal“ (Eigenbezeichnung der Band) kennt, weiß, was einen erwartet: polyrhythmische Stakkato-Riff-Salven, leicht dissonante, dabei seltsam überirdische Melodien und vor allem: Keine Verschnaufpausen! Also außer zwischen den Songs, aber dazu gleich mehr.

Was mich immer wieder erstaunt, wie es Meshuggah gelungen ist und immer noch gelingt, sich nach fast 40 Jahren diesen unverwechselbaren Sound zu bewahren, dabei aber nicht auf der Stelle zu treten und sich immer weiter zu entwickeln. Dies spiegelte auch die Songauswahl wieder: Auch wenn das bislang neueste Studioalbum „Immutable“ mit drei Songs am stärksten vertreten war, wurde der Backkatalog bis nach 1995 geplündert, mit „Future Breed Machine“ vom zweiten Longplayer „Destroy Erase Improve“ als ältesten Song. Und auch da fällt wieder auf: 1995 waren Meshuggah zwar noch deutlich härter und mehr „Press uff die Fress“ unterwegs, aber auch fast 30 Jahre später wissen die Schweden immer noch, wo der Hammer hängt und hauen dem Publikum selbigen um die Ohren. Und das nahezu ohne Pause, weder für Publikum noch Band, die Interaktion zwischen den Songs beschränkt sich auf Floskeln wie „It’s good to be back“, bevor dann gleich die nächste Granate gezündet wird. Als wäre mein Nacken noch nicht geschunden genug, kommt dann als erste Zugabe auch noch „Bleed“ vom 2008er Album „ObZen“, mein absoluter Lieblingssong von Meshuggah. Aber wenigstens bin ich nicht der einzige, der leiden muss, wie der Random Dude neben mir versichert: Dieser Song würde nur noch ganz selten gespielt, weil er für den Schlagzeuger angeblich sauanstrengend sei. Möglich, dennoch reicht die Energie für einen weiteren Song, „Demiurge“ (von „Koloss“, 2012), bevor das Licht* angeht und sich alle erschöpft, aber glücklich auf den Heimweg machen. Auch ich, und siehe da: Mein Flicken hat gehalten!

* A propos Licht: Die Lightshow war auch sehenswert, insbesondere beim Headliner. Doch so goil die Strobos anzugucken waren, so irritierend sind sie für den knipsenden Reporter und den Belichtungsmesser seiner Kamera 🙂

Berichterstattung / PhotoCredits: Erik Hüther 

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