Interviews

FEAR FACTORY im Interview – Blut, Schweiß & Tränen

Unter diesem Motto können sowohl die Entstehung des letzten Longplayers „Aggression Continuum“ als auch das Interview eingetütet werden. Hatte man das Album bereits vor drei Jahren mittels einer Crowdfunding Kampagne fertiggestellt, kam es zu internen Streitigkeiten, die letzten Endes zum Ausstieg von Sänger Burton C. Bell führten. Es folgte ein Rechtsstreit um den Bandnamen FEAR FACTORY, die letzten Endes bei Dino blieben und somit ein weiteres Album aus seinen Händen ermöglichten. In einem Zoom-Interview plauderten wir mit einem müden, aber sehr gut gelaunten Dino über das Album, Dystopie und Gitarren.

Hi Dino und erst einmal herzlichen Glückwunsch zu „Aggression Continuum“! Es war ja eine sehr schwere Geburt, aber sie hat sich definitiv gelohnt. Wie geht es dir aktuell und welche Reaktionen gab es bereits von der Fanbase?

Hey, danke für deine Zeit für das Interview! Erstmal sorry für meine Stimme; ich habe seit heute morgen einen Interviewmarathon hinter mir und war gestern feiern (lacht). Ich möchte mich auf diesem Weg bei allen FEAR FACTORY Fans für ihren Support bedanken! Egal, ob durch das Crowdfunding, indem ihr unser Merch kauft oder das Album hört, wir freuen uns riesig über eure Unterstützung und euer Feedback! Ich bin sehr glücklich, dass das Album endlich draußen ist und wir darüber sprechen können. Wir haben viele positive Rückmeldungen zum Album bekommen, was uns sehr freut. Es ist definitiv nicht unser härtestes Album geworden, hat aber sehr viele Nuancen, mit denen wir uns dieses Mal ausprobiert haben. Ich glaube, es ist uns ganz gut gelungen (lacht).“

Das sehe ich genauso. Euer Markenzeichen sind die Stakkato Riffs und der Kontrast zwischen hart und zart (besonders bei den Vocals). Dieses Mal habt ihr den Kontrast zwar beibehalten, alles wirkt durch die Synthesizer symbiotischer eingebettet. Außerdem habt ihr sehr viel Abwechslung mit eingebracht. Zum Beispiel erinnert mich `Monolith` teilweise an eure „Transgression“ Phase, die eher in die melodische und fast schon rockige Ecke ging.

Dazu kann ich leider nichts sagen, weil ich bei „Transgression“ nicht mit dabei war. Wir haben uns insgesamt um sehr viel Abwechslung bemüht und `Monolith`ist auch ein sehr gutes Beispiel dafür; es hat diese stampfenden Riffs und gleichzeitig diese eingängigen Melodien und Synthesizer, die schnell zugänglich sind.

Nicht zu vergessen, das herrliche Gitarrensolo, das sehr klassisch gehalten ist und trotzdem extrem gut in das FEAR FACTORY Kostüm passt. Insgesamt hat das Album sehr viele Elemente, die euch ausmachen und ihr habt gleichzeitig den Mut gehabt, viele Dinge auszuprobieren.

Danke, schön, dass es dir gefällt! Ich hatte das Glück mit einem hervorragenden Team zusammenarbeiten zu dürfen. Besonders die Synthesizer haben einen zentralen Beitrag am Album, da sehr viele Nuancen gesetzt wurden und wir die Stimmung mal apokalyptisch, mal tragend haben.

… und manchmal auch komische Elemente. Die Ausiosamples sorgen ja bereits seit euren Anfangstagen für dystopische Grundstimmung; allerdings kam mir der Mittelpart von ‚Fuel Injected Suicide Machine‘ mit demSample schon fast wie ein Werbeslogan vor. (singt schief): I am a fuel injected Suiciiiide Machine!´ (Beidseitiges Gelächter)

Auch wenn zwischen „Genexus“ und „Aggression Continuum“ stolze 6 Jahre liegen, so habt ihr den zeitlichen Aspekt mit dem Album sehr gut gelöst; war auf dem Abschlusstrack des Vorgängers `Expiration Date` noch der Herzschlag einer sterbenden Maschine zu hören, so eröffnet `Recode` mit einem Aufruf zur Revolution für die Menschlichkeit.

Ja, die Grundidee ist und bleibt bei der gleichen Thematik, die wir bereits seit unseren Anfangstagen fahren; Dystopie Technik und die Menschheit am Abgrund. Es gibt so viele Einflüsse aus Büchern, Filmen und dem täglichen Leben, das man ewig darüber schreiben kann und immer mit neuem Futter versorgt wird.

Wir wollen keine schmutzige Wäsche waschen und du hast bereits in anderen Interviews viel darüber erzählt, daher bleiben wir bei den Fakten; Burton hat den Gesangsposten geräumt und viele fragen sich, wie es weitergeht. Habt ihr bereits einen neuen Sänger?

Noch nicht, aber wir sind in der heißen Phase der Bewerbungen angekommen. Wir werten noch aus, führen viele Gespräche und vergleichen auch viel. Für uns ist wichtig, dass es nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich stimmt. Wir wollen schließlich mit dem neuen Sänger sehr viel touren und ein großes Repertoire aus unserer Diskographie im Gepäck haben. Ich hoffe, dass wir nächstes Jahr wieder touren können und euch unser neues Mitglied dann live vorstellen können.

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich FEAR FACTORY noch nie live gesehen habe. Von den YouTube Videos hatte ich den Eindruck, dass es im Gesangsbereich leider auf die „Geil-auf-Platte-live-leider-kacke“ Schiene hinauslaufen würde. Ich liebe Burtons Stimme auf allen Alben, aber live klang es (auf den Videos zumindest) sehr dünn. Ich drücke euch die Daumen, dass ihr bald einen guten Sänger findet und werde euch hoffentlich nächstes Jahr live selbst erleben.

Themenwechsel: Welches Medium bevorzugst du zum Musikhören? Bist du eher ein Vinyl Sammler, streamst du oder kaufst du noch CD´s?

Das ist mir ehrlich gesagt egal; Musik ist Musik, egal auf welchem Medium du es hörst. Klar kann es auf Vinyl seinen eigenen Klang haben, als Streaming unterwegs ist es dafür praktischer. Alles hat seine Vor- und Nachteile und je nachdem, was für mich praktischer ist, nutze ich für mich.

Daraufhin halte ich meine „Demanufacture“ Vinyl in die Kamera und bedanke mich dafür, dass auch die Vinylsammler bei FEAR FACTORY nicht nur in die Röhre schauen. Wie schaut es mit den alten Alben aus? Wird beispielsweise „Archetype“ jemals das Licht der Welt als Vinyl erblicken?

Das kann ich dir ehrlich gesagt nicht sagen, weil das jenseits meiner Kontrolle ist. Ich habe damals nicht mitgewirkt und die Rechte verbleiben bei der Plattenfirma (Roadrunner), von daher kann ich dazu leider gar nichts sagen.

Du bist ein Gitarrenfetischist und Techniknerd. Gleichzeitig bist du in den sozialen Medien sehr aktiv; ich habe vor kurzem das Video zur Ormsby Dino Cazares DC Obsolete GTR 7 String Multiscale Gitarre gesehen, was ich extrem interessant fand. Außerdem gab es ein Video auf Facebook, wo du deine alte Gitarre nach Ewigkeiten wiederbekommen hattest.

Ja, das war eine sehr emotionale Geschichte. Ich hatte während den Aufnahmen zu „Demanufacture“ meine Liebe zu 7 String Gitarren entdeckt und auch mit viel Herzblut eingesetzt. Mittlerweile habe ich auch viele Gitarren ausprobiert und gekauft, wie man das halt so macht. Irgendwann hatte ich meine erste 7 String verkauft und jahrelang nicht mehr daran gedacht. Irgendwann packte mich die Nostalgie und ich fragte mich, was wohl aus ihr geworden ist. Also startete ich einen Aufruf über Facebook und fragte, ob jemand wüsste, wer diese Gitarre besitzen könnte, da der Verkäufer sich nicht mehr erinnern konnte, an wen er sie verkauft hatte. Keine 2 Stunden später meldete sich ein Typ aus Las Vegas und gab mir bescheid, dass er sie jetzt hätte. Ich setzte mich ins Auto und 4 Stunden später hielt ich mein geliebtes Schätzchen erneut in den Armen.

Eine schöne Liebesgeschichte mit der Gitarre (beidseitiges Gelächter).

 

Zum Schluss etwas anderes: Eure dystopische Thematik mit Maschinen, Robotern und der Niedergang der Menschheit ist allgegenwärtig. Gleichzeitig schreitet der technische Fortschritt immer schneller voran, so dass viele Dinge mittlerweile schon sehr realistisch geworden sind. Sei es mit der Handygeneration, kleinen Rasenmäherrobotern oder der künstlichen Intelligenz, es geht schnell voran. Wie stehst du persönlich zum technischen Fortschritt?

Ich finde es eine sehr spannende Sache, was es mittlerweile alles gibt. Wie du bereits erwähnt hast, bestimmt vieles davon unser tägliches Leben. Es gibt auch mit der künstlichen Intelligenz immer mehr Möglichkeiten; in der Medizin beispielsweise oder auch bei der Polizei, wo mittlerweile Roboterhunde getestet werden. In den nächsten 30 bis 50 Jahren wird noch einiges an spannender Entwicklung auf uns zukommen und ich bin sehr gespannt, wie es sich entwickeln wird.

Danke für deine Zeit und dieses Interview! Alles Gute weiterhin für dich und die FEAR FACTORY Familie!

Danke und nochmals, danke für euren Support! Wir sehen uns hoffentlich nächstes Jahr auf Tour!

Kleine Anekdote am Rande; besonders beim letzten Abschnitt „technischer Fortschritt“ mussten beide Gesprächspartner sehr häufig lachen, da sowohl die Zoom-Aufnahmemöglichkeit, als auch das Diktiergerät innerhalb ihres Dienstes versagten und oldschool mäßig dann eben mitgeschrieben wurde.

Durch das Interview führte: Sebastian Radu Groß

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