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POSTMODERN FANTASY im Interview – Die Menschheit im Abgrund

Ein guter Kumpel, soziale Medien oder Spotify – manchmal stolpert man durch Zufall über eine Band, die es einem sofort angetan hat. So ist es mir mit POSTMODERN FANTASY ergangen, die ich durch Zufall über Instagram für mich entdeckt habe. Es stellte sich heraus, dass diese sympathische Band besonders live sehr präsent ist, obwohl noch kein Album am Start ist. Die Qualität der Singles spricht allerdings für sich. Grund genug, um sich ein wenig über die Menschheit am Abgrund, Hasenmasken und die Leidenschaft für die Musik zu unterhalten.

Hallo da draußen und erstmal danke für eure Zeit und die Gelegenheit, mit euch plaudern zu können! Wie geht es euch zur Zeit?

Erst einmal danke für die Gelegenheit zum Interview. Wir freuen uns über dein Interesse an Postmodern Fantasy! Uns geht es sehr gut. Wir haben einen intensiven Festivalsommer mit vielen schönen Erlebnissen und Begegnungen hinter uns und wollen die kommende kalte Jahreszeit nutzen, um viele neue Ideen umzusetzen. Wir hoffen dir geht es auch gut.

Ich bin durch Zufall bei Insta über euch gestolpert, weil ich Natalies Gitarren Postings gerne verfolge. Dann kam ein Live Ausschnitt von euch und Franzis Stimme hat selbst durch die miesen Handylautsprecher sofort bei mir ins Schwarze getroffen! Daraufhin bin ich neugierig geworden und wollte mehr über euch erfahren. Bitte erzählt uns, wie die Band entstanden ist.

Das ist tatsächlich eine ganz lustige Geschichte. Matthias und Franzi haben sich damals kennengelernt weil Franzis Mutter Matthias mit dem Auto angefahren hat. Obwohl Matthias damals noch eher in Richtung Deutschrock unterwegs war und Franzi hauptsächlich klassische Musik gemacht hat, ist daraus eine musikalische Zusammenarbeit entwachsen. Weil der Bruder von Matthias, Andreas, praktischerweise Drummer ist, war die Band dann schon fast komplett. Wir haben uns zu Anfang viel Zeit genommen, um verschiedene Stilrichtungen und Instrumentenkombinationen auszuprobieren. Mit viel Zeit und Arbeit hat sich dann unser heutiger Sound herausgebildet.

Wie kam es zu dem Bandnamen und gibt es eine Geschichte dahinter?

Wusstest du, dass so ziemlich jeder gute Bandname, den man sich so vorstellen kann, bereits existiert? Egal wie exotisch der Bandname ist, den du dir ausdenkst- irgendeine Garagenband in den 70ern hieß schon mal so. Entsprechend schwierig war es, einen klangvollen, eingängigen und passenden Namen für die Band zu finden (den dann ja auch noch alle gut finden müssen).

Wir haben uns für einen Namen entschieden, der die postapokalyptischen Vibes unserer Musik gut einfängt. Wir sind nicht modern, nicht die nächste Neuheit- Trends jucken uns nicht so sehr. Daher „postmodern“. Stilistisch sind wir oft recht episch und orchestral, wenn wir nicht gerade tanzbar sein wollen. Wir bedienen uns verschiedenster Stilelemente, ohne uns an festgelegte Regeln zu halten. Das einzige was zählt, ist die Inspiration. Daher „fantasy“.

Seit 2019 seid ihr aktiv und habt bisher 5 Singles (inklusive Videos) rausgebracht. Dabei sind die Songs zwar recht unterschiedlich, haben aber immer einen roten Faden. `This is Life` beginnt beispielsweise sehr tanzbar, ehe die Gitarrenwände über einen hereinbrechen, während `Insomnia` mit epischen Synthesizern startet und von Franzis Stimme auch lange nach dem Song den Refrain ins Gehirn gebrannt hat. Wie habt ihr es geschafft, zu jeder Single ein Video zu drehen?

Gute Frage, darüber wundern wir uns auch manchmal. Mit einem guten Team, viel Einsatz und Kreativität kann man so einiges schaffen! Wir haben die Ehre, mit vielen fähigen Leuten zusammenzuarbeiten, die uns und unsere Musik mögen und daher Projekte möglich machen, die mit unserem Budget eigentlich nicht machbar sind. Hier einmal ein großes Shoutout an Richard Wesp von wochenende events, der uns immer ins richtige Licht rückt. Wir haben auch einfach unfassbar viel Spaß an den Videodrehs.

Wie kam die Idee mit den Hasenmasken zustande? Ist ja schon fast ein Running Gag bei Insta 😉

Das magische Internet macht es möglich 😀 Wir sind online über eine Anleitung für Hasenmasken gestolpert und waren direkt inspiriert. Wusstest du, dass es 8 Stunden und viele Nerven kostet, so ein Ding zu basteln? (Natalie sagt, dass es danach nochmal 4 Stunden dauert sie zu folieren, also insgesamt 12h). Ursprünglich wollten wir sie nur in unserem Musikvideo zu „Invincible“ nutzen, haben dann aber so viel positives Feedback bekommen, dass wir sie unmöglich einfach in irgendeiner Kiste verschwinden lassen konnten. Live ist Invincible der erste Song, den wir spielen, da bietet es sich natürlich an, direkt mit den Hasenmasken auf die Bühne zu kommen, um den Wiedererkennungswert zu steigern. Allerdings tragen wir die Hasenmasken wirklich nur bei diesem Song, da man darunter blind wie ein Maulwurf ist. Es gibt ein imposantes Video, auf dem sich Andreas und Matthias nacheinander mit der Hasenmaske beim Betreten der Bühne den Kopf stoßen. Franzi trägt keine Maske, da das Mikro sonst zu weit vom Mund entfernt wäre.

Wenn man eure Songs bei Spotify hört, hat man auch noch einige coole Cover dazu. Besonders das Cover von `When Destiny Calls` hat es mir angetan (erinnert mich ein wenig an das Videospiel Cover von „Until Dawn“). Wer hat die Cover gemacht und könntet ihr euch vorstellen, die Person für ein Albumcover an Bord zu holen?

Die Cover wurden alle von Franzis Schwester Amelie gestaltet. Sie studiert Kommunikationsdesign und ist künstlerisch einfach wahnsinnig talentiert. Das Cover von When Destiny Calls ist auch tatsächlich vom Cover von „Until Dawn“ inspiriert. Wir können es uns sehr gut vorstellen, für ein Albumcover wieder mit Amelie zusammen zu arbeiten. Das hängt aber davon ab, wieviel Zeit sie dafür hat. Eigentlich gehört sie fest zum Team, sie ist bei den meisten Liveshows und Videodrehs mit am Start und unterstützt uns.

Euer Sound ist für mich extrem interessant; einerseits hat man tanzbare Parts, dann wird mit Vollgas der Gitarrensound zelebriert und gleichzeitig schwimmt noch ein leichtes Popfeeling im Hintergrund mit. Ihr seid sehr vielseitig, gleichzeitig aber auch geerdet und nicht allzu episch (keine weitre Nightwishkopie). Schwer euch musikalisch einzuordnen, und genau das finde ich authentisch und gut bei euch! Hattet ihr bereits im Vorfeld eine Vision, wie ihr klingen wollt, oder ist es aus dem Songwritingprozess heraus entstanden?

Franzi speaking: Ich mache von Kindesbeinen an klassische Musik, und habe dann auch klassisches Klavier und Gesang studiert. Daher kommt der symphonische/orchestrale Einschlag. Irgendwann habe ich dann Symphonic-Metal-Größen wie Nightwish und Within Temptation für mich entdeckt und gemerkt, wie cool es ist, kontrastierende Musikstile miteinander zu verbinden. Ich hatte aber das Bedürfnis, diese Synergien zu erweitern. Ich empfand viele der Melodien im Symphonic Metal als unnötig komplex. Ich finde, dass Melodien genau dann gut sind, wenn sie relativ simpel sind, ohne profan und langweilig zu sein. Und das ist genau das, was man in (guten!) Popsongs findet. Das wollte ich für unsere Musik auch so haben.

Andererseits funktioniert es für mich nicht, wenn ich mir vornehme, dass ich einen Song schreibe, der genau nach xy klingt. Ich habe, so komisch es klingt, nur begrenzt Einfluss auf das Songergebnis- die Songs schreiben sich meistens wie von selbst, als hätte ich sie schon irgendwo gehört und müsste sie nur noch aufschreiben. Aber natürlich klingen meine Songs aber irgendwo nach „mir“, nach meinen Vorerfahrungen und nach den Dingen, die ich gut finde. Somit würde ich sagen, der Sound ist eine Mischung aus einer Vision, die ich im Vorfeld habe, und dem Songwritingprozess.

Wie kommen die Songs zustande? Komponiert Franzi sie im Alleingang und wird der Rest im Proberaum oder online abgerundet oder wie kann man sich den Entstehungsprozess vorstellen?

Die Songs schreibt Franzi zum Großteil alleine. Das heißt, von ihr stammen die Melodien und die orchestralen und elektronischen Synthies. Die meisten Songs kommen schon mit einer von ihr vorgeschlagenen Gitarren- und Schlagzeugspur, die den Spirit des Songs vermitteln sollen. Allerdings sind die Gitarren- und Schlagzeugspuren wirklich eher ein Vorschlag. Die Instrumentalisten sind immer noch die Experten für ihr Instrument, und ein Drummer wird immer eine bessere Schlagzeugspur schreiben als ein Nicht-Drummer. Somit passt Andreas die Schlagzeugspuren entsprechend an oder ändert sie ab, wenn er eine nicere Idee hat. Matthias und Natalie stimmen sich dann bezüglich Gitarren- und Bassspur meist gemeinsam ab und lassen ihre musikalische Handschrift mit einfließen. Es gibt aber auch Songs, die 1:1 so übernommen werden wie sie geschrieben wurden, weil einfach alles passt.

Wie schaut es bei euch mit einem Album aus? Habt ihr da bereits Pläne oder seid ihr vielleicht schon mittendrin? Werden die Singles auch darin enthalten sein?

Hahah das Album ist bei uns so ne Sache und mittlerweile fast ein Running Gag. Wir haben viele gute Songs in der Pipeline und wollten sie eigentlich schon gefühlt vor Jahren auf einem Album aufgenommen haben. Es hat hauptsächlich zeitliche Gründe, warum wir das noch nicht geschafft haben. Durch Vollzeitarbeit und Studium werden wir alle nämlich gut auf Trab gehalten. Wir halten aber an unserem Album fest und wissen auch schon, welche Songs darauf enthalten sein sollen. Das Album wird dann aus unseren Singles bestehen, und aus den anderen Songs, die wir derzeit live spielen. An sich haben wir nämlich genug Songs um eine Stunde Spielzeit zu füllen, und es ist schade, dass man davon im Internet nur einen kleinen Ausschnitt sehen kann.

Gerade die Themen sind recht unterschiedlich; wie kommen die Texte zustande? Sind es persönliche Erfahrungen oder fiktive Geschichten?

Franzi speaking: Teils teils. So wie die Songs sich selbst schreiben, geht es mir auch mit den Texten. Die Melodie steht immer zuerst. Wenn ich dann übe, den Song zu singen (um z.B. zu schauen, ob es von der vocal range passt), nutze ich meist „Füll-Lyrics“, die sich spontan ergeben und stimmig für mich anfühlen. Diese Füll-Lyrics und der allgemeine Vibe des Songs inspirieren mich dann für den restlichen Text. Natalie mag die Füll-Lyrics meistens lieber als die finalen Lyrics 😀 Aber die Worte müssen sich einfach gut anfühlen. Ich glaube, die Texte ergeben sich aus Themen, die mich unbewusst gerade viel beschäftigen. Meist verstehe ich erst nach Fertigstellung des Songs, worum sich die Lyrics eigentlich drehen, und oft sind es sehr persönliche Themen. Das ist aber nicht immer so: Unser neuester Song „Huntress“ handelt von einer fiktiven Geschichte, und auch „For Change is Coming“, ein weiterer unserer Live-Songs, ist eher in einem Fantasy-Setting angesiedelt.

Generell finde ich die Thematik auf eurer Homepage sehr gut: die Menschheit steht nicht am Abgrund, sondern schon immer mittendrin. Gibt eine neue Sichtweise und als apokalyptische Visionen im Stile von „The Walking Dead“ natürlich ganz viel Gedankenfutter. Wie kam es zu der Thematik und inspiriert euch neben Filmen/Serien noch etwas anderes thematisch (Games, Bücher)?

Wir sind ja gefühlt schon mitten in einer Endzeit, allein was in den letzten Jahren so global passiert ist fühlt sich schon overwhelming an. Die Realität ist da oft schon Inspiration genug. Glaub mir, wir haben uns echt verarscht gefühlt, als genau zu dem Zeitpunkt, als wir unsere erste Single releast haben, Angela Merkel den ersten Lockdown verkündet hat. Da hat sich unser Apokalypse-Thema nicht mehr so super angefühlt 😀

Ich glaube, das was uns an apokalyptischen Settings inspiriert, ist, was Extremsituationen aus Menschen machen können. Sie können das beste und das schlimmste im Menschen hervorrufen und reduzieren uns auf das, was wirklich zählt, und was wir im Kern sind.

Ansonsten inspirieren mich auch Games, wie z.B. Horizon oder Detroit Become Human. Und der IPCC Bericht. Der ist aber nur was für Hartgesottene.

Welche Bands hört ihr selbst gerne und was davon würdet ihr als Inspiration für POSTMODERN FANTASY sehen?

Die Liste ist lang- es gibt so viele inspirierende Menschen, die fantastische Musik machen, und das beschränkt sich weder auf irgendein Genre, noch auf eine bestimmte Epoche.

Ich mag Nightwish, Within Temptation, Evanescence, aber auch Apashe, Wardruna, Eminem, Bach, Chopin, Scriabin, Dvorak, 90er Eurodance Songs, Filmmusik wie z.B. von Hans Zimmer…

Man sieht, dass ihr gut live unterwegs seid. Habt ihr noch weitere live Pläne dieses Jahr und wo können wir euch noch treffen?

Für diesen Jahr stehen bis jetzt keine weiteren Gigs an. Wir nutzen den Herbst und Winter, um uns auf die nächste Festivalsaison vorzubereiten. Es gibt einige Ideen, an denen wir (bzw. Hauptsächlich Natalie) basteln, um unsere Liveshows zu einer noch intensiveren Erfahrung zu machen. Außerdem möchte ja nach wie vor ein Album aufgenommen werden, und Musikvideos kann man eigentlich immer drehen. Wir haben für einen Song auch schon eine konkrete Videoidee mit einer Story im Kopf, die Frage ist nur – wie immer –  wie umsetzbar das ganze mit einem limitierten Budget ist.

Falls ihr ein Album machen würdet (oder bereits dabei seid); welches Format würdet ihr am liebsten veröffentlichen: Vinyl, CD oder digital (oder spielt das für euch keine Rolle)?

Digital wird das Album auf jeden Fall veröffentlicht werden. Digitales Zeitalter und so. Viele unserer Fans leben auch im Ausland, da ist es praktischer, wenn man die Songs einfach downloaden oder streamen kann. Ob es auch eine physische Form des Albums geben wird, ist noch unklar. Vinyl wäre natürlich schön, ob es budgettechnisch umsetzbar ist, muss noch geklärt werden. Dasselbe gilt für CDs. Man muss sich immer die Frage stellen ob auch ein Markt für eine physische Kopie des Albums existiert. Da wir jedoch bei den letzen Gigs öfters drauf angesprochen wurden, könnten wir uns vorstellen, eine CD in geringer Auflage rauszubringen.

Ich würde mich freuen, wenn ihr mal ein ganzes Album rausbringt und dann auch auf Tour gehen würdet. Ihr habt einen geilen Sound, eine herausragende Sängerin und seit authentisch; ich kann mir vorstellen, dass es da draußen noch mehrere Leute gibt, die das so ähnlich sehen. Danke für eure Zeit und die Möglichkeit für dieses Interview! Weiterhin alles Gute mit POSTMODERN FANTASY und passt auf euch auf! Die letzten Worte an eure Fans (und die es noch werden wollen) gehören euch 😊

Vielen Dank für deine netten Worte und dieses Interview!

Wir würden uns auch freuen mal auf Tour zu gehen. Falls ein Booker das liest: meld dich 😀

An alle Fans, und die die es noch werden wollen: Falls ihr auf der Suche nach neuer Musik seid und gerne weiblichen Gesang gemischt mit harten Gitarren und tanzbaren Beats hört, dann seid ihr bei uns richtig. Wir zelebrieren Metal, ohne eine krass harte Metalband zu sein, und verbinden Metal mit Stilen anderer Musikrichtungen, was unsere Musik sehr vielseitig macht.

Küsschen aufs Nüsschen.

Das Interview führte: Sebastian Radu Groß

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