51. Open Air Worpswede – Es rockt im Künstlerdorf! (03.06. und 05.06.2022)
Worpswede ist sicherlich anders als viele andere Dörfer. Kunst-, Kultur- und Musikveranstaltungen locken zu jeder Jahreszeit zahlreiche Gäste in den Ort und auch Festivals sind hier keine Seltenheit.
Trotzdem sticht das OPEN AIR WORPSWEDE irgendwie heraus und ist auch für uns ein kleines Highlight. Nicht zuletzt ist dies der Herzlichkeit und dem Feuereifer der vielen ehrenamtlichen Organisatoren und Helfern zu verdanken. Die Truppe rund um das Jugendzentrum DIE SCHEUNE hält die Tradition aufrecht und sorgt nun dafür, dass sich das älteste – durchgehend stattfindende – Open Air Deutschlands zum 51. Mal jährt.
Obwohl das eigentliche Festival erst am 05.06.2022 stattfindet, lässt Veranstalter Andy Griebe es sich nicht nehmen, schon zwei Tage vorher mit der Party anzufangen. Frei nach dem Motto „Wo ist die Party? – Da wo Andy ist!“. Das wird uns an diesem Wochenende des Öfteren um die Ohren schallen – ganz sicher.
Der Auftakt am Freitagabend lockt mit zwei Garanten für beste Stimmung und Tanzlaune:
RAUSCHFLUT und GREEN 4A DAY geben sich heute die Ehre und heizen dem Publikum bei bestem Sommerwetter und freiem Eintritt ein. Die 30 Liter Freibier vom Fass, die auf die Gäste warten, tun ihr Übriges. Pünktlich wie die Maurer trudeln wir gegen 19:00 in bester Festivalstimmung und mit gezückten Kameras auf dem Open Air Gelände ein. Mein Team-Kollege Sven vom Magazine NordMensch in Concerts und auch ich genießen den Luxus eines Anfahrtsweges von – sagen wir – fünf Minuten mit den Fahrrädern. Unser persönlicher Slogan für diesen Abend: Genießen Sie Festivals aus Ihrer Region! Hautnah, live und direkt!
Das Ankommen ist denkbar entspannt: Dadurch, dass der Eintritt am ersten Abend kostenlos ist, gibt es keine Warteschlangen oder Gedränge im Eingangsbereich. Grüppchen für Grüppchen kommt den kleinen Hügel zur Scheune heraufgewandert und man sammelt sich in lockerer Atmosphäre zwischen Bühne und Bierbuden, direkt vor der alten Scheune. Es gibt viel Herzen und Drücken, Wiedersehensfreude mit alten Bekannten und freudiges Erkennen all der Menschen, die man bisher nur von Facebook und Co. kannte.
Wir haben noch Zeit, uns auf dem Gelände umzuschauen. Neben der Bühne steht schon der Merch-Stand von RAUSCHFLUT bereit und direkt darüber weist uns ein gemalter Homer Simpson den Weg zur „Mampfmeile“. Ein freundlicher Mann mit Hut streckt uns ein Tablett mit Fischbrötchen-Häppchen entgegen. So geht Gastfreundschaft im Norden!
RAUSCHFLUT eröffnen den Abend mit gewohnter Power und voller Kraft voraus. Inzwischen sehen wir sie zum dritten Mal live und es fühlt sich genauso an, wie ein Treffen mit liebgewonnenen Bekannten sich anfühlen sollte. Wir feiern die Songs mit Wortwitz und Wiedererkennungswert, wie „Aus dem Weg, ich muss tanzen“ oder „Wo der Frosch die Locken hat“. Auch ihre neue Single „Miststück“ kannten wir schon vor dem Gig, aber live und in Farbe ist das doch nochmal eine Nummer geiler. Der nordisch-herbe und herzliche Brett-Rock ist für uns der perfekte Start in ein großartiges Pfingstwochenende. Sven ist nach dem Auftritt so euphorisiert, dass er es sich nicht nehmen lässt, ein Bandshirt zu erstehen.
Es folgt eine kurze Umbaupause, die wir natürlich nutzen, um uns mit Pommes, Bratwurst und Bier zu versorgen. Schon im letzten Jahr, beim 50. Jubiläum des OPEN AIR WORPSWEDE, haben wir festgestellt, dass man hier für einen absolut moderaten Preis richtig gut und lecker essen kann.
Als Zweites kommen GREEN 4A DAY auf die Bühne und schnell ist klar: Das wird gut! Der Sänger bringt eine Präsenz mit, der man sich kaum entziehen kann. Der Typ liebt, was er tut und liefert 100%ig ab. Lange Rede, kurzer Sinn: Die Jungs rocken den Abend mit einer energiegeladenen Punk-Rock-Show, die die Herzen der Green Day Fans höher schlagen lässt. Zitat einer befreundeten Festivalbesucherin: „Das fühlt sich irgendwie genauso an wie früher!“ (Edit: Als wir alle noch ein bisschen jünger waren).
Glücklich, müde und beseelt gehen wir an diesem Abend nach Hause und freuen uns auf das Wiedersehen am Sonntag. Einen Tag Pause zu haben ist gar nicht mal so verkehrt, merken wir, zumindest wenn man keine lange Anreise oder Übernachtungen einzuplanen hat.
Am Sonntag geht es dann weiter, Einlass ist schon um 14:00, wieder bei Sonnenschein und herrlichen Temperaturen. Die kluge Wetter-App hat uns aber vorgewarnt: Gegen Abend ist mit Regengüssen zu rechnen und wir haben vorsorglich unsere Schlecht-Wetter-Klamotten eingepackt.
Beim Ankommen merken wir sofort: Heute wird es voll! Lange Warteschlangen gibt es nicht, dank guter Organisation an der Kasse und am Eingang. Auf dem Platz vor der SCHEUNE tummeln sich schon viele Feierwütige und wir versorgen uns gleich mal mit Getränken, solange am Tresen noch ein Durchkommen ist.
Heute hält das OPEN AIR WORPSWEDE insgesamt sechs Bands bereit und da wir keine davon bisher live erlebt haben, sind wir sehr gespannt, was uns erwartet.
Bei Gesprächen mit anderen Besuchern schnappen wir auf, dass es eine kleine Änderung im Zeitplan gibt, so dass VON GRAMBUSCH aus Bremen den Festivaltag eröffnen. Die Jungs schaffen es vom ersten Moment an, das Publikum mitzureißen und obwohl es noch früh am Tag ist, füllt sich der Platz vor der Bühne schnell. Uns erwartet handgemachter, melodischer Akustik Pop-Punk mit Texten direkt aus dem Leben. Als kleines Highlight geben Jendrik und Patrick ( beide Gesang und Gitarre) noch ein Duett mitten im Zuschauerraum zum Besten.
Nach einem schnellen Umbau kommen die KICKER DIBS auf die Bühne und fangen die Leute mit ihrem melodischen Indie-Sound und tiefgehenden, teils melancholischen Texten ein. Sie führen uns alle für einen Moment in die Kneipen von Berlin und in ein Zuhause, von dem wir bisher gar nichts wussten. Auch für gute Laune und Tanzbarkeit ist gesorgt. Mit dem Feelgood-Song „Jacky“ tanzen wir uns direkt unter den Sternenhimmel von Madrid. Mit von der Partie sind auch FLINTE, die KICKER DIBS in diesem Jahr auf ihrer Tour begleiten.
ÖTTE & BAND bringen uns im Anschluss feinste Partymucke mit einem gutgelaunten ÖTTE und Texten, die zum Mitgrölen und Feiern einladen, aber auch Tiefgang wagen. Man merkt vom ersten Moment an, dass der ÖTTE hier eine große, textsichere und feierfreudige Fangemeinde hat. Die Party startet direkt mit Betreten der Bühne und hört bis zum letzten Song auch nicht auf. Der erste Stagediver des Tages geht über den Bühnenrand, was ÖTTE auch gleich mit seiner neuen Vinyl-Platte honoriert.
MAX BUSKOHL startet gerade heraus mit feinstem Rock der alten Schule. Max ist voll dabei und reißt seine Jungs mit, die ihn erst seit kurzer Zeit begleiten. Aufgefallen wäre das nicht, hätte er es nicht verraten. Die Herren spielen ein sauberes, schnelles Set und kommen leider viel zu schnell am Ende ihrer Setlist an, was vielleicht auch an der kurzen gemeinsamen Zeit zum Proben liegt.
Weiter geht es mit RAUM 27 – Für uns die Überraschungsnummer des Abends. Die Bremer Band kommt ehrlich und sympathisch daher, mit tollen Texten, eingängiger Musik und einer Stimme, die einem durch den Kopf ins Rückenmark geht und sich dort festsetzt. RAUM 27, das sind Texte mit Herz und Verstand, einer guten Portion Wortwitz und Songs mit Ohrwurmgarantie, wie „Oft gesagt“ und „Traurig aber ist so“.
Beim Umbau fängt es an zu regnen und wir denken für einen Moment „Das war’s, jetzt gehen die Leute nach Hause.“. Aber weit gefehlt! In Vorfreude auf die ROGERS rücken die Menschen näher zusammen, unter Schirmen, Bäumen und Vordächern. Als die Punk-Rocker aus Düsseldorf loslegen, ist der Regen vergessen und es wird voll vor der Bühne. Uns erwartet ein richtiges Brett von melodischem Punk der sofort nach vorne geht und keine Zeit für lange Atempausen lässt. Vor der Bühne brodelt es, inklusive Pogo, Stagediving und allem, was dazu gehört.
Unser Fazit:
Das war ganz großes Kino für wirklich kleines Geld! Für uns war es der Auftakt der diesjährigen Open-Air-Saison und wir hätten es nicht besser treffen können. Nach einer recht langen Zeit ohne größere Konzerte und Festivals war das OPEN AIR WORPSWEDE mit seiner entspannten und familiären Atmosphäre fast wie ein musikalisches „Nach-Hause-Kommen“.
Wir freuen uns jetzt schon auf das nächste Jahr, wenn das kleine, feine Festival in die 52. Runde geht.
Berichterstattung / PhotoCredits: Anna Rachow und Sven Baxmann